An Problemen mangelt es bei der Deutschen Bahn nicht – die Züge fahren nicht pünktlich, die Infrastruktur ist marode und auch die finanzielle Lage ist düster. Ein Sanierungsprogramm soll helfen.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn beschäftigt sich am Mittwoch mit einem neuen Sanierungsprogramm für den Konzern. Mit dem Programm „S3“ will die Bahn nach zuletzt schlechten Monaten bis 2027 die Trendwende schaffen. Die Frage ist, mit welchen konkreten Veränderungen das bundeseigene Unternehmen die gewünschten Ergebnisse erreichen kann.
Der Bahn zufolge zielt das Programm auf die Sanierung der Infrastruktur, der betrieblichen Lage und der wirtschaftlichen Situation. Auf allen drei Feldern gab der Konzern zuletzt ein schlechtes Bild ab. Zwei aktuelle Kennzahlen machen das deutlich: Die Deutsche Bahn AG hat im ersten Halbjahr 1,2 Milliarden Euro Verlust nach Zinsen und Ertragssteuern erwirtschaftet und im August nur 60,6 Prozent der Fernverkehrszüge pünktlich an ihr Ziel gebracht.
Pünktlichkeitsziel für 2027: Mehr als 75 Prozent im Fernverkehr
Bis 2027 soll die Lage nun wieder Stück für Stück verbessert werden. Nach dpa-Informationen will sich die Bahn dabei weiter an der seit 2019 geltenden Dachstrategie Starke Schiene (DSS) orientieren und grob die für 2024 angepeilten Ziele drei Jahre später erreichen. Die Strategie fasst außerdem viele Punkte zusammen, die in den vergangenen Monaten bereits angegangen wurden.
Dazu gehören etwa die Generalsanierungen von besonders wichtigen Strecken oder die Einführung eines neuen vertakteten Bausystems, mit dem der Fahrplan besser vor kurzfristigen Baustellen geschützt werden soll.
Für die Pünktlichkeit im Fernverkehr wird nach dpa-Informationen ein Zielkorridor von 75 bis 80 Prozent angestrebt – nach 64 Prozent im gesamten Jahr 2023. Die wirtschaftliche Lage soll nicht zuletzt mit weniger Personalkosten beziehungsweise einer höheren Produktivität verbessert werden. Bei ihrer Halbjahresbilanz hatte die Bahn bereits angekündigt, den Personalbedarf um 30.000 Stellen reduzieren zu wollen.
Die Bereiche DB Fernverkehr und DB Cargo sollen transformiert werden – zum Teil wurde damit bereits begonnen. Beide Sparten schrieben zuletzt rote Zahlen. Die infrastrukturbedingten Störungen sollen auf 4900 pro Tag sinken – für das laufende Jahr erwartet die Bahn 6100 solcher Verspätungen pro Tag.
Verkehrsminister fordert auch kurzfristige Verbesserungen
Der Bahn-Vorstand steht aufgrund der schlechten Bilanz des Konzerns in den vergangenen Monaten inzwischen erheblich unter Druck. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte den bundeseigenen Konzern kürzlich auf, etwa die Pünktlichkeit und die Auslastung im Fernverkehr kurzfristig zu verbessern.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bahn-Kreisen erfuhr, wird das vorgelegte Sanierungsprogramm auch kritisch gesehen. Es fehle an konkreten Maßnahmen. Letztlich sei außer dem Zieljahr 2027 nichts in der Strategie zu finden, was nicht schon vorher auf anderen Powerpoint-Folien aufgelistet worden sei, hieß es. Vor allem bleibe offen, wie und wo der Konzern den Personalbedarf um 30.000 Stellen abbauen wolle.
„Den Fortschritt werden wir nach festen Zielen messen und mit dem Aufsichtsrat und dem Eigentümer regelmäßig besprechen. Klar ist: Wir brauchen in Deutschland und für die DB die Trendwende zum Positiven für unsere Kundinnen und Kunden“, hieß es zuletzt von einem DB-Sprecher zum Sanierungsprogramm. Die vergangenen Monate hätten die deutlichen Schwächen des Bahnsystems in Deutschland für alle spürbar aufgezeigt.
Einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge verspricht Bahnchef Richard Lutz im 110-seitigen Sanierungsprogramm mehr Pendlerverbindungen oder mehr Sprinter. Zudem will er das Flächennetz neu konzipieren. Ferner sollen die Wendezeiten der Züge verkürzt und weniger ICE in Reserve gehalten werden.