In Heilbronn gibt es zu viele Dönerbuden – findet die CDU. Eine Begrenzung soll mehr Vielfalt bringen. Kritiker vermuten einen anderen Grund.
Während des Kommunalwahlkampfs im Frühjahr schaffte es die Heilbronner CDU mit einer Forderung in die bundesweiten Nachrichten: Für Dönerläden in der Innenstadt soll es künftig eine Obergrenze geben.
Auch Nagelstudios, Barbershops und Handyläden gebe es zu viele. Das Angebot werde dadurch immer einseitiger und sei nicht vielfältig genug. Um sich ein „rechtliches Werkzeug“ zu verschaffen, hatte die Stadtinitiative Heilbronn, in deren Vorstand mehrere CDU-Größen der Stadt sitzen, ein Gutachten beim Wirtschaftsprüfungsinstitut PwC in Auftrag gegeben.
Nun ist die CDU gemeinhin nicht bekannt dafür, regulierend in einen funktionierenden Markt einzugreifen. An dieser Stelle sei es aber nötig, sagt Thomas Aurich, Vorsitzender der Stadtinitiative Heilbronn und CDU-Stadtrat. Die Idee für die Obergrenze sei in der Verwaltung diskutiert worden, man sei jedoch zu keinem Schluss gekommen, sagt Aurich am Telefon. „Wir wollten dann wissen: Geht das?“
Gutachter halten Döner-Obergrenze für rechtlich möglich
Und siehe da: Es geht. Laut dem Gutachten, das am Dienstagvormittag vorgestellt wurde, wäre eine Obergrenze rechtlich wohl möglich.
„Das ist eine gute Nachricht“, sagt Christoph Troßbach (CDU), der die Obergrenze im Wahlkampf maßgeblich publik gemacht hatte. „Weil wir jetzt wissen, dass wir die Innenstadt steuern können. Und dass wir das auch machen wollen.“
Sollen zukünftig Geschäftsflächen tatsächlich leer stehen, wenn die definierte Obergrenze an Dönerbuden erreicht ist? „Ja“, sagt Troßbach. „Unter Umständen sind Leerstände eine kurzfristige Folge.“ Auch, dass Hauseigentümer eventuell länger nach Nachmietern suchen und günstigere Mieten in Kauf nehmen müssen, hält der CDU-Stadtrat für möglich. Für eine größere Vielfalt in der Stadt nehme er dies aber in Kauf.
Nun gelte: „In den nächsten Schritten die anderen politischen Parteien mit auf den Weg zu nehmen und gemeinsam mit ihnen zu überlegen, wie wir die Innenstadt gestalten wollen.“ Dafür liefen schon die ersten Gespräche mit den Fraktionen und der Verwaltung. Die Stadt soll nach dem Willen der CDU ein Konzept erarbeiten, um Gastronomie- und Dienstleistungsangebote steuern zu können. Also Bereiche festlegen, in denen bestimmte Arten von Geschäften gar nicht mehr oder nur noch in geringer Zahl angesiedelt werden dürfen.
Die anderen Parteien sehen den Vorschlag kritisch
Heilbronn wird von einem SPD-Oberbürgermeister regiert. Seine Partei und die anderen Fraktionen kritisierten die Forderung bisher. Das SPD-regierte Rathaus äußerte sich zurückhaltend. „Die Frage, ob Obergrenzen für bestimmte Gewerbebetriebe möglich sind, ist sehr komplex und umfasst verschiedene Rechtsgebiete“, sagte eine Stadtsprecherin, bevor die Ergebnisse des Gutachtens vorlagen.
Nach der Veröffentlichung sah man sich im Rathaus in seiner „Rechtsauffassung vollumfänglich bestätigt“. In einem Statement heißt es, und ein wenig Ironie darf man wohl herauslesen: „Wir sind der Stadtinitiative außerordentlich dankbar für ihr Engagement, auch dass sie durch ihr Gutachten aufgezeigt hat, dass einer einfachen Lösung zahlreiche höchste rechtliche Hürden entgegenstehen.“
Christoph Troßbach fühlt sich dennoch „bestätigt und motiviert“, das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er geht davon aus, dass auch viele andere Städte und Gemeinden von dem Vorstoß profitieren können. Deshalb sei das bundesweite Interesse auch so groß.
Die Grünen sagen: „Reiner Populismus“
Kritiker haben eine andere Theorie, weshalb die schnell als „Döner-Obergrenze“ bekannte Forderung so viel Aufmerksamkeit bekommen hat: Einen geschickten Marketing-Schachzug nannten sie die Forderung – oder auch: Populismus und Wahlkampfgetöse.
Inhaber und Mitarbeiter von Dönerbuden, Nagelstudios und Barbershops sind häufig Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte. Das ist kein Geheimnis. Und womöglich ein Grund dafür, weshalb die Forderung der CDU einerseits so rasch bekannt wurde – und andererseits so viel Kritik einstrich. Der Vorwurf: Hinter der Döner-Obergrenze stehen womöglich Ressentiments.
Valeska von Heyden-Linden, Vorstandsmitglied der Grünen im Kreisverband Heilbronn, sagt dem stern: „Die Forderung der CDU ist als reiner Populismus zurückzuweisen.“ Das Kreisbüro der Grünen in Heilbronn lehne die Begrenzung der Dönerläden in der Stadt „entschieden ab“, man bewerte die Forderung als „unsinnig und diskriminierend.“
Döner gehöre, unbestreitbar und zurecht, zum beliebtesten Fast Food der Deutschen. „Dönerläden sind aus unserer gastronomischen Landschaft nicht mehr wegzudenken und tragen zur wirtschaftlichen Belebung bei. Die Begrenzung würde nicht nur die Vielfalt der Angebote einschränken, sondern auch bestehende Unternehmen unnötig belasten.“
Eine Obergrenze beträfe nicht nur Dönerläden
Denn eine Obergrenze, die rechtlich haltbar sein soll, würde unweigerlich auch Currywurstbuden, gebratene Nudeln vom Asia-Imbiss und viele weitere Angebote betreffen. Läden, die Gerichte vor allem zum Mitnehmen und auf die Hand anbieten. Das hatte auch die CDU bestätigt.
Christoph Troßbach sagt, um Populismus gehe es nicht. Das Angebot in der Innenstadt sei schlicht zu einseitig. Man brauche mehr Vielfalt. Bestehende Geschäfte sollen bleiben können.