In der Höhle der Löwen geht es hitzig zu: Judith Williams und Tijen Onaran liefern sich ein aufschlussreiches Wortgefecht über die soziale Verantwortung von Start-ups – und werden persönlich.
Wer wünscht sich für sein sehschwaches Kind nicht eine Brille, die alle Cool-Kids-Attribute erfüllt: leicht, robust, flexibel und dazu noch nachhaltig und superstylisch? Das Berliner Start-up Manti Manti hat genau so ein Modell auf den Markt gebracht. Das Material basiert auf dem Öl des Wunderbaums, besser bekannt als Rizinus, und ist so gut wie unkaputtbar. Ein Qualitätsprodukt, leider auch im Preis: Jede Brille kostet mit Gläsern 200 Euro aufwärts. Nun sind Premium-Angebote keine Seltenheit im Portfolio der Gründershow. Aber Distinktion unter Kindern? Schwieriges Thema.
Das fand auch Jurorin Tijen Onaran. Als die beiden arg geschmeidigen Alles-bloß-nicht-billig-Manufakteurinnen den hohen Preis ihrer Sehhilfen damit erklärten, dass es ja auch Fahrräder und Schulranzen gäbe, für die Eltern mehr Geld auszugeben bereit wären, wurde es der Unternehmerin zu viel. „Ich finde es privilegiert. Meine Eltern hätten sich das nicht leisten können“, sagte sie und schob die ketzerische Frage hinterher: „Was ist eure Vision davon, auch Menschen zu erreichen, die eine bestimmte soziale Herkunft haben?“ Das rief Judith Williams auf den Plan. In bester freidemokratischer Tradition erklärte sie, man müsse unternehmerische von sozialer Verantwortung trennen. In Richtung ihrer Löwen-Kollegin raunzte sie: „Du hast ja auch keine günstigen Klamotten an.“ STERN PAID 19_24 Dagmar Wöhrl 11.00
Für zwei Gründer wird die „Höhle“ der Löwen zur Hölle
Dass am Ende kein Deal zustande kam, hatte allerdings keine klassenkämpferischen Gründe. Den Investoren waren einfach schon zu viele andere Business Angels an Bord. Ebenso wenig Glück hatte das Gründerpaar von Tämptästic. Seine Tempehs – ursprünglich aus Indonesien stammende, Ciabatta-artige Blöcke aus fermentierten Sojabohnen – fielen bei den Löwen durch. Carsten Maschmeyer brachte den allgemeinen Tenor auf die griffige Formel: „Mir schmeckt’s nicht, ich versteh’s nicht, es riecht nicht nach Erfolg.“
Richtiggehend zur Hölle wurde die „Höhle“ für die beiden Erfinder von FiniBee. Das Produkt: eine Ausleihstation für Powerbanks, mit denen man unterwegs seinen Handyakku aufladen kann. Ein Satz von Judith Williams genügte, um das Geschäftsmodell zum Einsturz zu bringen: „Irgendwo findet sich doch immer eine Steckdose.“ Den Rest erledigten die superschwachen Nutzerzahlen. Selten verließ ein Gründer-Duo zerzauster die Showbühne. Was es im Studio glücklicherweise nicht mehr hören musste, war der verbale Nachtritt von Williams: „Das war mit Abstand der schlechteste Pitch, den ich je erlebt habe.“
Sneakers aus Obstabfällen
Aber es wurde auch Geld verteilt in der dritten „DHDL“-Folge. 500.000 Euro flossen in das Start-up Metorbikes. Wie zwei aufgeregte Teenager schwangen sich Ralf Dümmel und Nils Glagau auf die retroschicken Elektro-Motorräder, die maximal 50 km/h fahren und auf Wunsch auch wie dreckige Verbrenner klingen können. Glagau („Geile Jungs, geile Bikes“) teilte sich das Geschäft mit Maschmeyer, der sich bei den beiden Schrauber-Freunden schon mal nach ihrem „Exit-Szenario“ erkundigte. „Unser Traum wäre Porsche“ – „Da habe ich ein paar Kontakte.“ Insolvent, Millionär: Was aus den alten DHDl gründern wurde_10.30
Die stärkste Performance und das stärkste Produkt präsentierte eine 29-Jährige. Mit Vlace sind der Jungunternehmerin vegane Sneakers geglückt, die sich laut Janna Ensthaler beim Abrollen nicht wie „hartes Plastik“ anfühlen. Das Material besteht zum Teil aus Obstabfällen und wird von Hand in Portugal verarbeitet. Das hat seinen Preis: 185 Euro kostet ein Paar im Onlineshop. Die Löwen reagierten fast panisch beim Thema Schuhe. Die vielen Retouren, das vergleichsweise hohe Working Capital, das nötig ist – „da sind viele Sachen dabei“, sagte Janna Ensthaler, „die wehtun beim Wachstum.“ Trotzdem stieg sie mit 200.000 Euro bei dem Start-up ein, mehr aus Begeisterung über die toughe Gründerin als über die stylischen Turnschuhe. „Du bist mein Weihnachten und Geburtstag zusammen.“
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