Die Aktionäre des US-Flugzeugbauers Boeing haben den scheidenden CEO Dave Calhoun erneut in den Aufsichtsrat gewählt und einer Abfindung für den Boeing-Chef in Millionenhöhe zugestimmt. Das Unternehmen gab die vorläufigen Ergebnisse des Votums am Freitag auf seiner Jahreshauptversammlung bekannt. Demnach wurden alle elf Boeing-Direktoren wiedergewählt und ein geplantes Vergütungspaket in Höhe von 33 Millionen Dollar (rund 30 Millionen Euro) für Calhoun von den Aktionären befürwortet.
Die Jahreshauptversammlung erfolgte vor dem Hintergrund schwerwiegender Vorwürfe – unter anderem wegen Sicherheitsproblemen – gegen den Flugzeugbauer. Nach mehreren Sicherheitspannen hatte Boeing Ende März den Rücktritt seines Vorstandsvorsitzenden Calhoun zum Ende des Jahres angekündigt und zwei weitere Personalwechsel an der Firmenspitze bekanntgegeben.
Das Beratungsunternehmen Glass Lewis hatte den Boeing-Aktionären geraten, gegen die Wiederwahl von Calhoun und zwei weiteren Boeing-Direktoren für den Aufsichtsrat zu stimmen. Die ISS, größte und wichtigste Organisation für die Beratung institutioneller Investoren in den USA, empfahl den Aktionären zudem, die Abfindung für Calhoun abzulehnen.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Steve Mollenkopf sicherte einen „sorgfältigen Prozess“ bei der Wahl des Nachfolgers Calhouns zu. Es müsse jemand sein, der Boeing durch „die derzeitigen und künftigen Herausforderungen“ führen könne. „Die nächsten Monate und Jahre sind für den Konzern von entscheidender Bedeutung „, betonte Mollenkopf. Boeing müsse das „in jüngster Zeit verloren gegangene Vertrauen“ zurückgewinnen.
Zuletzt hatten mehrere technische Pannen bei Boeing-Maschinen für Verunsicherung gesorgt. Anfang des Jahres war bei einer Boeing 737 MAX 9 der Alaska Airlines während des Fluges ein Teil der Kabinenwand herausgebrochen. Das Flugzeug musste notlanden. Die Flugaufsichtsbehörde FAA ordnete in der Folge im Januar ein vorübergehendes Flugverbot für Maschinen der Bauart 737 MAX an. Betroffen waren 171 Flugzeuge.
Calhoun räumte daraufhin Versäumnisse ein. Er nannte den Zwischenfall einen „Wendepunkt“. Doch es kam zu weiteren Pannen: Anfang März fiel bei einer Boeing 777 der United Airlines kurz nach dem Abflug von San Francisco ein Reifen ab. Und in der vergangenen Woche kündigten neuseeländische Behörden eine Untersuchung an, nachdem mehrere Passagiere auf dem Flug einer Boeing 787 Dreamliner von Sydney nach Auckland bei heftigen Turbulenzen verletzt worden waren.
Am Dienstag hatte das Justizministerium im Washington erklärt, dass der Konzern wegen der Abstürze von zwei 737-MAX-Maschinen mit insgesamt 346 Toten in den Jahren 2018 und 2019 erneut strafrechtlich verfolgt werden könnte.