Bei dem mutmaßlichen Messerangriff in Mannheim sind mehrere Menschen verletzt worden. Nach Angaben der islamkritischen Bewegung Pax Europa wurde ihr Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger verletzt. Das ist die Gruppierung.
Die Messerattacke auf dem Mannheimer Marktplatz am Freitag ereignete sich nach Angaben der islamkritischen Bewegung Pax Europa im Umfeld einer Veranstaltung der Organisation. „Der Angriff geschah, bevor die Veranstaltung überhaupt losging, das muss von langer Hand geplant worden sein“, sagte die Schatzmeisterin von Pax Europa, Stefanie Kizina, der „Bild“-Zeitung. Eine Sprecherin der Stadt Mannheim bestätigte, dass die Organisation für Freitagvormittag eine Kundgebung auf dem Marktplatz angemeldet hatte.
Kurz nach dem Vorfall am Freitagmittag kursierte im Internet ein Video. Darauf ist zu sehen, wie ein Mann auf mehrere Menschen – mutmaßlich Teilnehmer der Veranstaltung – einsticht. Menschen rufen: „Das Messer weg“. Der Angreifer verletzt auch einen Polizisten, wie das Video zeigt. Er schwebt nach Angaben aus Sicherheitskreisen in Lebensgefahr und muss operiert werden. Auf dem Video ist auch zu sehen, wie ein Beamter auf den Angreifer schießt. Anschließend wird er von mehreren Polizisten am Boden fixiert. Auch er wurde nach Polizeiangaben verletzt.Mannheim Angriff Einsatz Polizei
Michael Stürzenberger laut Pax Europa schwer verletzt
Laut Kizina wurde bei dem Angriff auch Pax-Europa-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger verletzt. „Er wurde am Bein und im Gesicht getroffen, wird notoperiert. Lebensgefahr besteht offenbar nicht“, sagte die Schatzmeisterin der „Bild“-Zeitung. Insgesamt sind sechs Menschen und der Angreifer verletzt worden. Wie Staatsanwaltschaft, Polizei und Landeskriminalamt am Freitag in Mannheim mitteilten, seien fünf Angehörige der Bewegung verletzt worden, zudem habe der Angreifer einen Polizeibeamten mehrmals von hinten in den Bereich des Kopfes gestochen. Ein anderer Polizeibeamter schoss demnach auf den Angreifer, der dabei ebenfalls verletzt wurde.
Das Motiv der Tat ist ebenfalls unklar. Ob die Messerattacke einen politischen Hintergrund habe, sei Gegenstand der Ermittlungen. Diese führe das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, so der Sprecher weiter. Einen Zusammenhang der Attacke mit der Veranstaltung von Pax Europa konnte die Polizei zunächst nicht bestätigen.
Die Gruppe Pax Europa, die sich selbst BPE abkürzt, hatte am Freitag auf ihrer Internetseite berichtet, dass eine ihrer Kundgebungen in Mannheim angegriffen worden sei.
BPE und Stürzenberger in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet
Der 59-jährige Stürzenberger und sein Umfeld um die Pax-Europa-Bewegung werden von den Behörden etwa in Bayern dem verfassungsschutzrelevanten Bereich der Islamfeindlichkeit zugeordnet. So trat Stürzenberger in der Vergangenheit mehrfach als Versammlungsleiter für Pax Europa auf.
Zudem trat er als Autor auf der rechtsextremen Website Political Incorrect in Erscheinung. Er verbreite „islamfeindliche Äußerungen“, heißt es etwa auf der Internetseite der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus.
Nach eigenen Angaben klärt BPE über „Wesen und Ziele des Politischen Islams auf“. Die Bewegung informiere die Öffentlichkeit über die angeblich vom „Politischen Islam ausgehenden Menschenrechtsverletzungen“ sowie die angeblichen „existenziellen Gefahren, die von einer zunehmenden Verbreitung und Einflussnahme des Politischen Islams für die freiheitlichen demokratischen Gesellschaften in Deutschland und Europa heranwachsen“.
Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus der Bayerischen Staatsregierung schreibt auf ihrer Internetseite, dass Stürzenberger und der bayerische Landesverband von Pax Europa der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit zugeordnet werden. Der Bundesverband BPE werde vom bayerischen Verfassungsschutz jedoch nicht beobachtet.
In seinem Bericht für das Jahr 2022 schrieb der bayerische Verfassungsschutz über Stürzenberger und den bayerischen Landesverband der BPE, es lägen „tatsächliche Anhaltspunkte“ dafür, dass diese „verfassungsschutzrelevante islamfeindliche Bestrebungen“ verfolgten, „die auf eine Abschaffung der Religionsfreiheit für Muslime gerichtet sind“.
Im jüngsten Bericht der Behörde für das Jahr 2023 tauchen Stürzenberger und die BPE nicht mehr auf. Nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz liegt das aber nur daran, dass sie weniger aktiv seien. Sowohl Stürzenberger als auch der BPE-Landesverband Bayern würden weiterhin beobachtet.
Stürzenberger äußerte sich laut Informationsstelle islamfeindlich
Stürzenberger verbreite seine Thesen auf BPE-Veranstaltungen sowie im Internet. Er sei als Autor auf der Website „PI-News“ tätig, so die Informationsstelle. Das Kürzel PI steht für „Politically Incorrect“. „Diese Tätigkeiten bieten ihm die Möglichkeit, ein breites Publikum mit seiner islamfeindlichen Agitation zu erreichen.“ Der Verfassungsschutz stuft die Personen hinter „PI-News“ als „extremistische Bestrebung im Phänomenbereich Rechtsextremismus“ ein.
Stürzenbergers Äußerungen seien durch eine grundsätzliche Ablehnung der islamischen Religion gekennzeichnet, so die Beobachtungsstelle. Er differenziere nicht zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus als extremistischer Bestrebung. Vielmehr bringe Stürzenberger unter dem Stichwort „Politischer Islam“ den Islam pauschal mit Terrorismus in Verbindung. Er ordne nahezu alle Menschen muslimischen Glaubens dem „Politischen Islam“ zu.
Der 1964 im bayerischen Bad Kissingen geborene Stürzenberger war vor seiner Tätigkeit für BPE und „PI-News“ Fernsehjournalist und von 2003 bis 2004 Pressesprecher der Münchner CSU unter der heutigen Europaabgeordneten Monika Hohlmeier. Im Jahr 2011 trat er der Partei Die Freiheit bei, die alsbald vom Verfassungsschutz als islamfeindliche Gruppierung geführt wurde. Im Februar 2012 übernahm er den bayerischen Landesvorsitz, später war er bis zur Auflösung der Partei Ende 2016 deren Bundesvorsitzender. Mehrfach trat Stürzenberger bei Demonstrationen der islamfeindlichen Pegida-Bewegung in Dresden auf.
Als ein Schlüsselerlebnis in Stürzenbergers politischer Laufbahn gilt der Tod eines CSU-Kollegen bei der blutigen Terrorserie in Mumbai im November 2008, als von Islamisten Luxushotels und ein jüdisches Zentrum angegriffen wurden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, die Ermittlungen würden die Hintergründe der Tat aufklären, insbesondere den Hintergrund und die Motive des Täters. „Wenn die Ermittlungen ein islamistisches Motiv ergeben, dann wäre das eine erneute Bestätigung der großen Gefahr durch islamistische Gewalttaten, vor der wir gewarnt haben.“
Quellen: Nachrichtenagenturen AFP und DPA, Bayrische Informationsstelle gegen Extremismus, Verfassungsschutzbericht Bayern 2023, Bayerischer Verfassungsschutz, „Süddeutsche Zeitung“, „taz“, Pax Europa
Hinweis: Dieser Artikel wurde um weitere Angaben ergänzt.