Wiesn oder Oktoberfeste gehören längst nicht mehr nur nach München. Sächsische Brauereien haben sie als Verkaufsschlager erkannt – und nutzen das Spektakel als Werbung für ihre Biere.
Die Blasmusik lässt die Bierkrüge auf den langen Holztischen vibrieren, an denen Menschen in Dirndl oder Lederhose sitzen. Oktoberfeste oder Wiesn nach bayerischem Vorbild finden auch in Sachsen immer mehr Anhänger. „Unsere Wiesn in der Heimat ist innerhalb von drei Jahren stark gewachsen und hat noch viel Potenzial“, sagt Thomas Münzer, Marketingleiter bei der Sternquell-Brauerei GmbH in Plauen. Mit der „Sternquell Wiesn“ startete das Unternehmen mit als erstes in Sachsen in die Saison. Mehrere Tausend Gäste seien beim ersten Durchlauf vor drei Jahren gekommen. Heuer dürfte die Zahl bei rund 20.000 gelegen haben, schätzt Münzer. „Aber da wir keinen Eintritt verlangen, schätzen wir nur.“
Zwar werde noch immer ein Großteil des Jahresumsatzes der Brauerei über den Handel erzielt, so der Marketingchef. „Aber wir nutzen die Wiesn, um unsere Biermarke als Teil der vogtländischen Heimat zu präsentieren und emotional aufzuladen.“ Ein eigenes „Stadl“ – ein Festzelt mit angrenzendem Biergarten und 3.000 Sitzplätzen – wurde in den sächsischen Landesfarben Grün und Weiß geschmückt. Dazu spielten hauptsächlich regionale Blaskapellen und ein „Wiesn-Bier“ wurde gebraut. Das gemütliche Beisammensein sowie die regionale Bierkultur stehen laut Münzer im Mittelpunkt.
Dirndl und Lederhose gerngesehen – aber keine Pflicht
Auch Feldschlößchen in Dresden nutzt das eigene Pichmännel-Oktoberfest, um die eigene Marke zu präsentieren, wie Marketingleiter Frank Haase erklärt. „Insofern sind solche Veranstaltungen für Brauereien sehr wichtig, weil sie einen direkten Zugang zu den Verbrauchern ermöglichen.“ Trotzdem werde auch bei Feldschlößchen das meiste Bier nach wie vor über den Handel verkauft. Auf dem Münchner Oktoberfest tranken die Besucher pro Kopf zwischen 0,9 und 1,15 Maß in den vergangenen Jahren. Eine Maß entspricht einem Liter Bier. „Da liegen wir bei unserem Oktoberfest deutlich darüber. Wir verkaufen viel mehr Maß Bier pro Kopf als die Münchner“, sagt Haase über die Dresdner Variante des Oktoberfestes, ohne genauere Angaben zu machen.
Vom 26. September an sind bei Feldschlößchen dreizehn Veranstaltungstage geplant, mit eigenem Festzelt und Festbier, so Haase. „Das hat einen leicht höheren Alkoholgehalt und ist nicht ganz so herb wie ein Pils und sehr süffig.“ Das Pichmännel-Oktoberfest findet schon zum zehnten Mal statt. Innerhalb von Stunden seien im Vorverkauf ab Frühling 32.000 Karten weg gewesen. „Wochenenden und Feiertage waren innerhalb von Minuten ausverkauft.“ Zwar orientiere sich die Brauerei noch am bayerischen Original. „Aber wir haben unserem Oktoberfest längst einen eigenen Anstrich gegeben“, erläutert Hasse und spricht von einem „detailverliebt dekoriertem Festzelt und ausgefallenen Fahrgeschäften auf dem Gelände“. Trotzdem würden die meisten Gäste Wert auf ein Dirndl oder eine Lederhose legen. „Das ist aber keine Pflicht.“
2024 sei bisher für die Dresdner Brauerei ein „solides Jahr mit Höhen und Tiefen“. „Wenn die Biergartenzeit wie diesmal wetterbedingt spät anfängt, dann merken wir das. Die Gastronomie ist für uns ein wichtiger Geschäftszweig“, erläutert Haase.
Bierdurst in Sachsen geht zurück
Der Bierdurst in Deutschland geht seit Jahren Statistiken zufolge zurück – so auch in Sachsen. 2018 verkauften sächsische Brauereien 7,8 Millionen Hektoliter Bier. Fünf Jahre später (2024) lag der Absatz bei den 82 Brauereien im Freistaat bei 6,9 Millionen Hektoliter, heißt es vom Statistischen Landesamt. In Sachsen weiterhin nachgefragt sei vor allem das heimische Pils, sagt Thomas Gläser, Geschäftsführer vom Sächsischen Brauerbund. Zunehmend beliebter würden aber auch alkoholfreie Biere und Biermischgetränke. „Letzteres schlägt sich auch in der Gastronomie nieder. Das Angebot und die Auswahl an alkoholfreien Bieren und Biermischgetränken hier hat zuletzt deutlich zugenommen.“
Bier stehe für Brauchtum, Tradition, Geselligkeit, so Gläser. „Kaum ein anderes Produkt weist einen solch engen und zugleich emotionalen Bezug zu einer Region auf wie heimisches Bier.“ Die Brauwirtschaft in Sachsen würde deshalb unterschiedliche Angebote und Konzepte nutzen, um zu verdeutlichen: „Bier ist Heimat“. Dazu zählten auch die Brauereifeste im September und Oktober. „Die Urlaube und die Ferienzeit sind vorüber, die Hopfenernte wurde eingebracht und die Biergartensaison neigt sich dem Ende zu“, erklärt der Brauerbund-Geschäftsführer die zeitlich günstige Lage.
Oktoberfeste auch in Freiberg und Wernesgrün
Oktoberfeste stehen auch bei anderen Brauereien auf dem Programm. So will das Freiberger Brauhaus (Landkreis Mittelsachsen) nach fünf Jahren Pause vom 20. bis 22. September sein zweites Oktoberfest abhalten. Und auch die Wernesgrüner Brauerei richte in Wernesgrün im Vogtland am 2. Oktober ein Oktoberfest aus, informiert eine Sprecherin der Brauerei. Das Programm orientiere sich ebenfalls stark am Original aus Bayern – mit einem Fassanstich, Musik und eigenem Bier. „Generell erfreuen sich Oktoberfeste mit der besonderen Atmosphäre in der Region großer Beliebtheit. Es gibt zahlreiche davon hier im Umkreis der Brauerei“, sagt die Sprecherin.