Schweigegeldprozess in New York: „Endlich haben sie ihn“ – so urteilt die Presse über Trumps Schuldspruch

Das Wort „historisch“ ist angemessen für das Urteil der New Yorker Jury im Schweigegeldprozess gegen Ex-Präsident Donald Trump. Darin sind sich viele Medien einig.

Donald J. Trump ist nicht nur schuldig. Er ist 34-fach schuldig. Zu diesem Schluss kamen die Jury-Mitglieder im New Yorker Schweigegeldprozess am Donnerstag. Der angeklagte Ex-Präsident und bald erneut republikanische Kandidat für das Weiße Haus sieht das freilich anders: Als „sehr unschuldig“ bezeichnete sich der sichtlich mitgenommene 77-Jährige nach der Urteilsverkündung.

Tatsächlich steht Trump nicht einmal mit einem Bein im Gefängnis. Selbst wenn Richter Juan Merchant Trump im Juli zu einer Haftstrafe verurteilt, gilt es Beobachtern zufolge als unwahrscheinlich, dass der Republikaner eine Zelle von innen sieht. Analyse zum Urteil im Schweigegeldprozess 2.16

Historisch ist der Schuldspruch allerdings allemal, darin sind sich nicht nur amerikanische, sondern auch internationale Medien einig. Die Pressestimmen.

Trump-Urteil in New York: „Der falsche Fall für die falsche Straftat wurde gerade richtig verurteilt“

New York Times“: „Die Entscheidung der Jury und die im Prozess präsentierten Fakten sind eine weitere – vielleicht die bislang deutlichste – Erinnerung an die vielen Gründe, warum Donald Trump für das Amt ungeeignet ist. (…) Trump hat versucht, Wahlen und das Strafrechtssystem – beides grundlegende Elemente der US-Demokratie – zu sabotieren, als er glaubte, dass sie nicht das von ihm erwünschte Ergebnis bringen würden. Bislang haben sie sich als widerstandsfähig genug bewiesen, seinen Angriffen standzuhalten. Die Geschworenen haben ihr Urteil verkündet, so wie es die Wähler im November machen werden. Wenn die Republik überleben soll, sollten wir uns alle, einschließlich Trump, an beide halten, unabhängig vom Ergebnis.“

Washington Post„: Die Bedeutung dieser schmutzigen Episode (…) liegt in der Tatsache, dass zwölf von Herrn Trumps Mitbürgern ihr Urteil über einen wohlhabenden ehemaligen Präsidenten fällten. Dies allein deutet darauf hin, dass selbst die privilegiertesten Mitglieder der Gesellschaft denselben grundlegenden rechtlichen Verfahren unterliegen wie andere Amerikaner. (…) In gewisser Weise hat Herr Trump Recht: Selbst jetzt könnte seine endgültige Rechenschaftspflicht – das endgültige Urteil über ihn – über einen anderen Weg zustande kommen, nämlich an der Wahlurne. Und es wird nicht an einer zwölfköpfigen Jury liegen, sondern an einer Wählerschaft von Millionen, das Urteil zu fällen.“

„Wall Street Journal“: Wir zweifeln nicht an der Aufrichtigkeit der Geschworenen in Manhattan, aber viele Wähler werden all dies verdauen und zum Schluss kommen, dass Trump zwar ein Schuft sein mag, diese Verurteilung ihn aber nicht für eine zweite Amtszeit im Weißen Haus disqualifiziert. Richter Juan Merchan hat die juristische Kreativität von (Staatsanwalt Alvin) Bragg in einer Weise toleriert, wie es ein Berufungsgericht vielleicht nicht tun würde. Was ist, wenn Trump die Wahl verliert und in der Berufung Recht bekommt? Wenn die Demokraten der Meinung sind, dass sich heute zu viele Republikaner über gestohlene Wahlen beschweren, stellen Sie sich vor, wie viele es nächstes Jahr sein werden. (…) Die Verurteilung schafft einen Präzedenzfall dafür, juristische Fälle – egal, wie fragwürdig sie sind – zu nutzen, um zu versuchen, politische Gegner auszuschalten, einschließlich ehemalige Präsidenten.“

„The Atlantic“: „Der falsche Fall für die falsche Straftat wurde gerade richtig verurteilt. (…) Es sagt etwas Dunkles über das amerikanische Rechtssystem aus, dass es nicht in der Lage ist, einen Staatsstreich unverzüglich und wirksam zu behandeln. Aber es sagt auch etwas Erfreuliches und Hoffnungsvolles aus, dass selbst ein Ex-Präsident für gewöhnliche Verbrechen nach den Gesetzen des Staates, in dem er gelebt und seine Geschäfte geführt hat, vor Gericht gestellt werden muss.“ Trump Urteil Reaktionen

„Newsweek“: „Trumps Verurteilung ist etwas, worauf man stolz sein kann, denn sie bestätigt einen grundlegenden amerikanischen Wert: Niemand in diesem Land steht über dem Gesetz. Trump scheint sein Leben in dem Glauben gelebt zu haben, dass die Regeln, die für gewöhnliche Sterbliche gelten, nicht auf ihn zutreffen. (…) In der Tat war das Schweigegeldverfahren und seine Verbindung zu Wahlkampfveranstaltungen eine schäbige Art und Weise, mit der strafrechtlichen Verfolgung eines ehemaligen Präsidenten zu beginnen. Im Mittelpunkt stand eine Frage der Buchhaltung. Nicht angeklagte Wahlkampf- und Steuerverstöße. Nicht witzig. Es war nicht die Art von demokratieerschütterndem Drama, die nötig wäre, um einen Präsidenten ins Gefängnis zu bringen.“

CNN: „Dieses Urteil mag Trumps Umfragewerte kurzfristig etwas schmälern. Aber im November wird es mit ziemlicher Sicherheit längst vergessen sein. Oder, was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, es wird den Republikanern nur als ein weiterer Beweis dafür in Erinnerung bleiben, dass die ‚Eliten‘ bereit waren, jede erdenkliche Regel zu beugen, um gegen Trump vorzugehen, und er sich weigerte, klein beizugeben.“

„Fox News“: „Den Demokraten mag jetzt schwindelig werden, nachdem sie jahrelang versucht haben, etwas zu finden, was sie Donald Trump anhängen können. Doch die Verzweiflung, ‚Trump zu kriegen‘, wird den Demokraten letztlich zum Verhängnis werden.(…) Die Wähler müssen nicht mehr mit Trump übereinstimmen, um ihn zu unterstützen. Sie müssen nur zustimmen, dass Amerika ein faires Rechtssystem haben sollte.“

„Los Angeles Times“: „Endlich haben sie ihn. (…) In meinem Umfeld ist man sich einig, dass dies massiv nach hinten losgehen wird, da die Republikaner unter Druck geraten. Selbst der Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, selbst kein Trump-Fan, twitterte: ‚Diese Anklage hätte gar nicht erst erhoben werden dürfen. Ich erwarte, dass die Verurteilung in der Berufung aufgehoben wird.‘ (…) Für Trump ist die Botschaft klar: Das einzige Urteil, das zählt, wird am 5. November vom amerikanischen Volk gefällt werden. Und er wird den Auftrieb, den er nach dem Urteil mit Sicherheit erhalten wird, genauso nutzen wie nach seinen früheren Anklagen und juristischen Meilensteinen.“ Donald Trump Prozess in Gerichtszeichnungen 22.26

„Das Urteil könnte also der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt“

„La Repubblica“ (Italien): „Der harte Kern seiner Basis wird ihn trotzdem nicht im Stich lassen. Sie wird die Verurteilung ignorieren, die von ihnen als Verschwörung abgetan wird. (…) Das Risiko, das Trump jetzt eingeht, besteht jedoch darin, dass er potenzielle Unterstützung bei den gemäßigten Wählern verliert, die für einen Sieg gegen Joe Biden entscheidend sind. (…) Einen Kriminellen ins Weiße Haus zu schicken, wäre selbst für sie zu viel – eine unüberwindbare rote Linie. (…) Das Urteil könnte also der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt und eine Wiederwahl für ihn unmöglich macht. (…) Trump wird sich nicht mehr auf die Opferrolle berufen können, denn er war nicht das Opfer, sondern der Täter. Die Mitglieder seiner Sekte werden ihm weiterhin glauben, aber es wird schwieriger werden, diejenigen zu überzeugen, die an seiner Moral und seiner Akzeptanz als Führer des Landes zweifeln.“

„Sydney Morning Herald“ (Australien): „Über Trumps Verhalten ist nichts besonders Neues bekannt geworden – ein Großteil des Landes weiß bereits, dass er ein Schürzenjäger ist, der dazu neigt, das System auszutricksen. Und verglichen mit all den anderen Prozessen, denen sich Trump gegenübersieht – einer wegen des Missbrauchs geheimer Dokumente und zwei wegen Untergrabung der Wahlen 2020 – war dieser wohl der unwichtigste. Klar ist jedoch, dass diese Sammlung von 34 Urteilen Trump wütend macht, seine Basis mobilisiert und Republikaner ermutigen wird, die fest davon überzeugt sind, dass das Verfahren gegen ihn politisch motiviert war.“