„Tatort“-Wiederholung aus Göttingen: Blinde Vorurteile oder falsche Toleranz? Lindholm und Anaïs Schmitz sind sich uneins

„Wikinger“ oder Flüchtling? Die Göttinger „Tatort“-Kommissarinnen Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz verfolgen bei der Aufklärung eines Mordes verschiedene Spuren. Auch ihr Privatleben sorgt für Spannungen.

4 von 5 PunktenSpannender Fall, der am Schluss noch eine überraschende Wendung nimmt.

Worum geht’s?

In einem Göttinger Park wird die Leiche einer Studentin gefunden. Während Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) hinter dem Mord einen skandinavisch aussehenden Serientriebtäter, genannt „Wikinger“, vermutet, verfolgt Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) eine andere Spur: Sie ermittelt gegen Asylbewerber, die nahe des Tatorts Fußball gespielt haben – und gibt über Anaïs‘ Ehemann eine in Deutschland verbotene DNA-Herkunftsanalyse in Auftrag, die Rückschlüsse auf die Abstammung des Täters geben soll. Oder war’s am Ende der eifersüchtige Freund der Toten?

Warum lohnt sich der „Tatort: Die Rache an der Welt“?

Das Thema gibt es im „Tatort“ häufiger: Ein Mord geschieht, und die Polizei verdächtig allzu schnell den Zuwanderer. Dieser Fall ist jedoch komplexer: Der von dem bewährten Duo Daniel Nocke (Buch) und Stefan Krohmer (Regie) inszenierte Film spielt sich überwiegend im Graubereich ab. Er zeigt, dass deutsche Willkommenskultur oft interessengeleitet ist und schnell in „Flüchtlingsfolklore“ umschlagen kann. Dass Geflüchtete keine schlechteren, aber auch keine besseren Menschen sind. Und wie dünn die zivilisatorische Schicht auch bei weltoffenen Menschen ist. Charlotte Lindholm leistet sich gegenüber einem nicht gleich kooperativen Asylbewerber eine ungewohnte rassistische Entgleisung: „Hier sind Frauen was wert. Hier können Frauen euch sogar einsperren“, bellt sie den Mann an. 

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Was stört?

Die Polizei verfolgt bei der Aufklärung des Falles eine Fülle von Spuren, dadurch werden viele Geschichten und Schicksale gestreift – richtig nah kommt man auf diese Weise keinem der Menschen.

Die Kommissarinnen?

Konzentriert man sich bei der Tätersuche auf den nordisch-aussehenden „Wikinger“ – oder ermittelt man unter Asylbewerbern? In dieser Frage sind sich Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz uneinig. Für weitere Misstöne sorgt auch, dass sich Lindholm immer besser mit Nick Schmitz versteht, dem Ehemann ihrer Kollegin.

Ein- oder ausschalten?

Definitiv einer der besseren Fälle aus der „Tatort“-Reihe. Schalten Sie ein.

Der „Tatort: Die Rache an der Welt“ wurde erstmals am 9. Oktober 2022 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Fall am Sonntag, 8. September, um 20.15 Uhr.

Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz ermittelten auch in diesen Fällen:

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