Kreischende Fans. Begeisterte Kollegen. Und ein Trainer, der sie noch besser machen will. Musiala und Wirtz sind die große deutsche Fußball-Verheißung. Ihr Auftritt gegen Ungarn erlaubt WM-Träume.
Jamal Musiala wollte sofort wieder auf den Platz. In Badelatschen schlappte der Münchner auf den Rasen im Paul-Janes-Stadion, schnappte sich einen herumliegenden Ball und daddelte damit herum. Florian Wirtz winkte derweil an der Seite von Niclas Füllkrug freundlich Richtung Tribüne. Die Fans dort waren längst verzückt.
„Wusiala“! Deutschlands magisches Fußball-Duo spielte auch am Tag nach dem 5:0-Festabend gegen Ungarn für die Anhänger der Nationalmannschaft beim öffentlichen Danke-Training die Hauptrolle.
EM-Bälle wurden für die überwiegend jungen Fans auf die dicht besetzten Ränge geschossen. Trikots wurden zum Signieren durch den Zaun gereicht. Und keine Unterschriften standen so hoch im Kurs wie die von Musiala und Wirtz.
Verbale Nagelsmann-Spitze nach Paris
Gleich nach dem von den 21-Jährigen inszenierten großen Fußball-Spaß gegen die völlig überforderten Ungarn hatte sich Julian Nagelsmann eine verbale Spitze gegen die französischen Organisatoren der Auszeichnung Ballon d’Or nicht verkneifen wollen.
„Wenn sie so bleiben, dann sind sie irgendwann beide für den Ballon d’Or nominiert. Und dann gibt es das Potenzial für beide, ihn mal zu gewinnen“, sagte der Bundestrainer zum Wirbel um die Nichtberücksichtigung Musialas für die 30 Kandidaten umfassende Liste der prestigeträchtigen Ehrung.
Dass Hauptdarsteller Musiala für die Verleihung am 28. Oktober in Paris nicht nominiert ist, wirkte am späten Samstagabend in Düsseldorf tatsächlich wie eine große Fußball-Farce. Dass er ein entscheidender Protagonist des aufregenden Fußball-Jahres ist, war schon vor dem Anpfiff deutlich geworden, als er von DFB-Chef Bernd Neuendorf und Sportdirektor Rudi Völler die goldene Trophäe als einer von sechs Top-Torschützen der EM bekam.
Als „Weltklasse“ und „Segen für Fußball-Deutschland“ bezeichnete Kollege Pascal Groß das „Wusiala“-Duo nach dessen Show in Düsseldorf. Kapitän Joshua Kimmich konstatierte: „Die sind schon sehr entscheidend für uns. Die haben schon ein paar Scorer gesammelt.“ Gegen Ungarn waren beide praktisch an jedem der fünf Treffer beteiligt, als Initiatoren, Passgeber oder Vollstrecker.
Stoßstürmer Niclas Füllkrug bezeichnete sich selbst als „Profiteur“ des Duos, das einfach dort weitermachte, wo es bei der Heim-EM aufgehört hatte. „Die beiden sind schon was Besonderes“, sagte der 31-Jährige. Als zehn Jahre älterer Profi hatte der ehemalige Dortmunder eine mahnende Note: „Wir müssen als Deutschland auf die Jungs ein bisschen aufpassen. Ein bisschen ruhig bleiben, dass sich die beiden weiter auf dem Niveau bewegen, nicht zu kritisch sein, wenn es mal nicht läuft. Das wird unsere Zukunft sein“, sagte Füllkrug.
Auch der Bundestrainer sah trotz aller Freude und Fan-Euphorie noch Optimierungsbedarf. Wirtz laufe manchmal zu viel und mache unnötige Wege. „Ich weiß, dass nicht jeder Lauf immer sinnvoll ist. Da würde man sich wünschen, dass er sich auch mal einen Kilometer sparen würde“, sagte Nagelsmann. Das Thema Effizienz wird eine Rolle spielen. Musiala ist da schon weiter als Wirtz. Der Münchner habe eine „große Wandlung durchgemacht“, was die „Präsenz im Strafraum“ angehe, stellte Nagelsmann fest.
Mit 21 Jahren hat Musiala 35 Länderspiele (6 Tore) absolviert, war bei drei Turnieren dabei. Eine Weltkarriere bahnt sich an. Die acht WM- und EM-Einsätze von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und Rekordtorwart Manuel Neuer kann der Münchner locker erreichen.
Wirtz, der im Sommer bei der Heim-EM sein Turnierdebüt feierte, wird am Dienstag in den Niederlanden auch schon zum 25. Mal (4 Tore) für Deutschland spielen. Die Holländer sind nach der Düsseldorfer Gala in jedem Fall gewarnt, welche Spielfreude auf sie zukommt.
Musiala will am liebsten zocken
Mit der Leichtigkeit, die er auf dem Platz zeigte, marschierte Musiala auch durch die Interviewzone in Düsseldorf. Mit großen Kopfhörern um den Hals hüpfte er und schwebte irgendwie auch. Fußball ist für ihn einfach leicht. Kollege Wirtz marschierte flugs mit seinem Designer-Badtäschen hinterher. „Es macht immer Spaß, mit Flo zu spielen, wir können nach ein, zwei Toren rumzocken den ganzen Abend“, sagte der Münchner. Und machte am Sonntagmorgen mit dem Ball am Fuß in Badelatschen damit einfach weiter.