Draußen erschallt Protest gegen die hessische AfD, drinnen bestimmt sie ihre Kandidaten für die nächste Bundestagswahl. Die Wahlerfolge im Osten beflügeln die Partei auch im Westen.
Begleitet von lautstarken Protesten und einem Großaufgebot der Polizei hat der EU-AfD-Parlamentarier René Aust die hessische AfD zur Geschlossenheit im Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 aufgerufen.
Zwar gab es bei der Aufstellungsversammlung in der Stadthalle in Hofheim am Taunus bei der Bestimmung der Landesliste für die Bundestagswahl auch Kampfkandidaturen. Anschließend im Wahlkampf draußen sei man aber „eine Mannschaft“, betonte Aust. Zum hessischen Spitzenkandidaten kürten die Delegierten den Bundestagsabgeordneten Jan Nolte.
Aust rief weiter: „Auf geht’s Hessen, auf geht’s Deutschland – für ein besseres Land, für unser Land, für unser Vaterland!“, ergänzte der thüringische Politiker vor rund 290 Delegierten mit Blick auf die Bundestagswahl am 28. September 2025.
Für die ersten zwei Listenplätze gab es keine Kampfkandidaturen. Nolte wurde mit 268 von 283 gültigen Stimmen auf Platz eins gewählt. Der Soldat aus dem Kreis Waldeck-Frankenberg kritisierte anschließend eine „Hysterie“ gegen die AfD: In anderen Staaten regierten „Schwesternparteien“ bereits mit und dennoch seien es immer noch Demokratien. Listenplatz zwei ging mit 243 von 286 gültigen Stimmen an Uwe Schulz vom AfD-Kreisverband Gießen.
Für Listenplatz drei gab es gleich drei Wahlgänge, weil zunächst die nötige Mindeststimmzahl für einen Bewerber fehlte. Überraschend setzte sich der erst in der dritten Runde erstmals antretende 28-jährige Unternehmer Robin Jünger aus dem Kreisverband Gießen gegen die Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel und den Vize-Landessprecher Pierre Lamely durch. Jünger bekam 153 von 286 gültigen Stimmen.
„Aus dem Osten kommt das Licht“
Die AfD in Hessen sieht sich beflügelt von den Ergebnissen ihrer Parteikollegen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Mehrere AfD-Politiker verwiesen darauf. Der hessische Vorstandssprecher Andreas Lichert rief: „Aus dem Osten kommt das Licht.“
Derzeit hat die AfD vier Mitglieder aus Hessen im Bundestag: Die wieder kandidierenden Parlamentarier Nolte, Harder-Kühnel und Uwe Schulz sowie den 82-jährigen Albrecht Glaser, der nicht wieder antritt. Bei der nächsten Bundestagswahl könnten noch mehr hessische AfD-Politiker zum Zuge kommen, heißt es in der erstarkten Partei, die im Wiesbadener Landtag inzwischen die größte Oppositionsfraktion bildet. Zugleich soll der Bundestag allerdings nach einer Wahlrechtsreform kleiner werden.
Demos und Polizei
Im Freien protestierten in Hofheim bei Sonnenschein laut Polizei rund 1.500 Menschen mit Transparenten, Sprechchören, Gesängen und Blasmusik gegen das von Polizisten hoch gesicherte AfD-Parteitreffen.
Die Demonstrationen verliefen laut Polizei friedlich, Straftaten wurden nicht registriert. Während eines Zugs sei es auch zu Blockaden gekommen. Unter den Teilnehmern waren verschiedene Gruppen, darunter auch die „Omas gegen Rechts“. Auf einem Platz in der Innenstadt gab es zudem ein „Fest der Demokratie“. Die AfD organisierte ihrerseits Kundgebungen mit laut Polizei etwa 10 bis 20 Teilnehmern.
Sitzblockaden
Das Bündnis „Gemeinsam widersetzen“ blockierte nach eigenen Angaben mehrere Zufahrtswege zum Parteitag. „Wir haben diese Sitzblockaden gestartet, weil wir der Meinung sind, dass Demonstrationen und Kundgebungen allein nicht reichen“, sagte ein Sprecher. Man wolle der AfD zeigen, dass sie nicht willkommen sei.
Die Polizei ist am Wochenende nach eigenen Angaben mit einem Aufgebot im niedrigen vierstelligen Bereich im Einsatz – auch mit Hubschrauber, Drohnen, Hunden, Reiterstaffel und einem Wasserwerfer.