Edeka will die Bedienung an Wurst- und Käsetheken drastisch einschränken – zumindest berichten das mehrere Medien. Das Ende von Beratung und Probierhäppchen? Nicht ganz.
„Du kennst ein Stück Käse nicht beim Namen? Dann zeigst Du an der Theke einfach drauf!“ So warb Edeka in Werbespots noch im April. Die Botschaft: Die Bedienung bei Wurst- und Käsetheken hilft gerne weiter. Und: Keine Angst! Denn laut der Kampagne fühlen sich gerade jüngere Kundinnen und Kunden „oftmals unsicher beim Gang zur Bedientheke“.Ist ja auch nicht ganz einfach, den Schnittkäse „Ossau-Iraty Brebis-Pyrénées“ richtig auszusprechen. Vor allem nicht unter Druck vor den Experten und Expertinnen der Käsetheken.
Doch mit den Bedientheken ist in vielen Regionen Deutschlands bald Schluss – das behauptet zumindest die große Boulevardzeitung „Bild“. Sie fragt alarmistisch: „Ist die kostenlose Scheibe Wurst für Kinder bald Geschichte?“ Zu bestimmten Tageszeiten würden viele Edeka-Regionalgesellschaften auf die Strategie „Selbstbedienung statt Servicekraft“ setzen. Ladendieb Protokoll zu klauen ist so simpel 22.23
Die „Bild“-Zeitung beruft sich auf das Fachblatt Lebensmittelzeitung. Diese schreibt am 5. September „Edeka schränkt Bedienung an Theken ein“. Man plane einen „Strategieschwenk“. Künftig setze der Supermarkt auf „flexible Theken“, die „in kurzer Zeit auf Selbstbedienung umgebaut werden können“. Ladenbauer berichten, dass neue „flexible Konzepte“ einen großen Vorteil hätten: Sie könnten „in den Randzeiten auch ohne Personal funktionieren“.
Das wäre für den Supermarkt praktisch in Zeiten von Fachkräftemangel. Mehr als zwei Drittel aller Stellen, die mit dem Verkauf von Fleisch zu tun haben, konnten zuletzt nicht besetzt werden. Das bestätigt das Wirtschaftsministerium auf stern-Anfrage. Dazu kommt, dass im Supermarkt Fleischermeister die Verantwortung für unverpackte Ware übernehmen müssen.
Edeka stellt Bericht richtig
Der stern hat bei Edeka nachgefragt. Steht die Herzkammer der deutschen Genusskultur – Stichwort: Abendbrot mit Fleischwurst und Gouda – wirklich vor dem Infarkt?
Die Edeka-Gruppe besteht aus sieben Regionalgesellschaften. Sie können individuell unternehmerische Entscheidungen fällen. Die Frischetheke mit Bedienung müsste also sieben Tode sterben, um gänzlich zu verschwinden. Doch die Edeka-Zentrale stellt richtig: Der Bericht der Lebensmittelzeitung wurde „leider falsch interpretiert“. Dann stellt der Pressesprecher emotional fest: Frischetheken mit Bedienung „stehen überhaupt nicht zur Diskussion!“. Auch Edeka Südwest dementiert den Bericht der „Bild“-Zeitung. Aus Südbayern heißt es, man investiere gar verstärkt in Bedientheken: Beispielsweise bilde man Mitarbeitende zum Schinken- und Käsesommelier aus.Protokoll Ladendetektiv 18:26
Die umsatzstärkste Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover weist den Bericht nicht als falsch ab. Allerdings betont die Sprecherin: Bedienungen für Fleisch, Wurst und Käse „bleiben ein wichtiges Element“. Die Gesellschaft deckt unter anderem die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen ab. Dort wirtschaften 630 selbstständige Edeka-Kaufleute. Sie dürfen selbstständig entscheiden, ob sie Bedientheken betreiben wollen.
Das Geheimnis der „hybriden Theken“
Ein weiterer Supermarkt-Sprecher betont, dass Kundinnen und Kunden die „persönliche Beratungskompetenz“ schätzen würden. Wer hat sich noch nicht von der Theken-Bedienung zu den Vorzügen von Wensleydale, Caerphilly und Tilsiter aufklären lassen? Die Frage ist tatsächlich nicht ganz trivial. Denn offenbar haben einige Kundinnen und Kunden nicht das Bedürfnis, in Käse- und Wurst-Gespräche einzusteigen. Gerade die jüngeren Generationen schätzen offenbar Selbstbedienungstheken – das zumindest würde die Edeka-Kampagne erklären, die zum Theken-Besuch motivieren soll.
So räumen einige Edeka-Pressesprecher ein: Man plane regional „hybride Theken“. Dort würden die angebotenen Wurst- und Käsesorten zusätzlich auch zur Selbstbedienung angeboten. Damit würde die Zielgruppe erweitert. Das wären wohl die Kunden ohne das Bedürfnis, sich persönlich beraten zu lassen.
Am Ende sollen also alle Supermarktbesucher glücklich werden können. Auch die Eltern mit Beratungsbedarf in Sachen Wurst und Käse. Denn Edeka Südbayern versichert: „Die bayerische Gelbwurst gibt es […] weiterhin für die Kinder an der Edeka-Bedientheke.“ Alle Aufregung ist also umsonst. Es gilt, ganz im Sinne der Edeka-Kampagne: „Theke it easy.“