Transparenzregister: Grundsteuer: Einige Länder sperren sich gegen transparente Hebesätze

Viele Eigentümer fürchten, bald deutlich mehr Grundsteuer zahlen zu müssen. Klar ist das erst, wenn die Gemeinden jetzt ihre Hebesätze festlegen. Wie hoch die ausfallen müssen, wollen aber nicht alle Länder für Bürger nachvollziehbar machen

Disclaimer Capital

Ab dem kommenden Jahr erheben die Gemeinden und Kommunen die neue Grundsteuer. Wie teuer es am Ende wird, ist den meisten Grundstückseigentümer aber immer noch ein Rätsel. Denn der entscheidende Grundsteuer-Hebesatz – eine Prozentzahl, die ganz am Ende der Berechnung obendrauf kommt – fehlt fast überall. Der Großteil der Städte will ihre Hebesätze erst im Herbst veröffentlichen.

Nach Auskunft des Deutschen Städte- und Gemeindebundes liege das daran, dass „noch nicht die nötigen Bewertungsergebnisse der Immobilien dafür vorliegen“. Aus einer Umfrage, die Capital unter den 16 Finanzministerien der Länder durchgeführt hat, geht dagegen hervor, dass die Finanzämter mittlerweile den Großteil der Bescheide verschickt haben, die den neuen Grundsteuerwert bekanntgeben. Das bestätigen auch Zahlen der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG): Mit 93 bis 95 Prozent haben inzwischen die allermeisten Eigentümerinnen und Eigentümer ihre Grundsteuererklärung abgegeben. Rund 90 Prozent sind bereits veranlagt. 

Enorme Mehrarbeit hatten und haben die Finanzämter allerdings durch die vielen Einsprüche. Nachdem der Bund der Steuerzahler (BdSt) zum generellen Widerstand gegen den Grundsteuerwertbescheid aufgerufen hatte, stiegen die Einspruch-Zahlen in den Finanzämtern sprunghaft an: Die Einspruch-Quote ist mit 20 Prozent sehr viel höher als sonst bei den Erklärungen. Das bestätigt die Statistik des Bundesfinanzministeriums: Demnach gingen im Laufe des Jahres 2023 fast 10 Millionen neue Einsprüche ein. Das entspricht einem Anstieg von über 233 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Aufkommensneutrale Grundsteuer – für wen?

Solange die Gemeinden über ihre Hebesätze schweigen, sorgt das bei vielen Haus- und Wohnungsbesitzern für Unsicherheit. Schließlich hat schon die Neubewertung bei den meisten Grundstücken zu Grundsteuerwerten geführt, die deutlich über den vorherigen Einheitswerten liegen. Aufgrund der höheren Berechnungsgrundlage dürfte die Steuerbelastung bei vielen künftig selbst dann steigen, wenn die Kommunen ihre Hebesätze in alter Höhe beibehielten.

Mehrere Bundesländer wollen ihre Bürgerinnen und Bürger nun mit sogenannten Transparenzregistern darüber informieren, in welchem Bereich die Hebesätze einer Gemeinden liegen müssten, damit die Reform „aufkommensneutral“ umgesetzt wird. Das hatte die Regierung den Steuerbürgern nämlich versprochen, als das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuerreform 2018 angemahnt hatte. Die Gemeinden und Kommunen sollen ihre Hebesätze so festlegen, dass ihre Grundsteuereinnahmen nach der Reform ähnlich hoch ausfallen wie davor. Insgesamt soll die Reform nicht zu Steuererhöhungen genutzt werden. Das heißt aber nicht, dass jeder Immobilieneigentümer ab 2025 dieselbe Grundsteuer zahlt wie zuvor. Bei einigen kann es zu Mehr- oder sogar Minderbelastungen kommen.

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Transparenzregister in sieben Ländern

Während Sachsen, Nordrhein-Westfahlen und Hessen bereits passende Hebesätze auf ihren Webseiten veröffentlicht haben, wollen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ihre Transparenzregister im September oder Oktober einrichten. Das teilten die Bundesländer auf Capital-Anfrage mit. Brandenburg will im November folgen. Solche Register sollen den entscheidenden Personen in den Rathäusern und Räten als Anhaltspunkte dienen, wie sie die Grundsteuer insgesamt auf einem stabilen Niveau halten können.

Das Problem: Die Länder können lediglich Hebesatzempfehlungen geben, festlegen tun ihn am Ende die Städte und Gemeinden. Sie können selbst entscheiden, wie hoch ihr Hebesatz ausfallen muss, damit sie mit dem Steuergeld Schulen sanieren, Kitas bauen und Straßen in Schuss halten können.

Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gehen deshalb einen Mittelweg: Dort wurden die Kommunen verpflichtet, den aufkommensneutralen Hebesatz zu veröffentlichen. Sollte eine Gemeinde davon abweichen wollen, muss sie dies ebenfalls veröffentlichen. „Damit wird maximale Transparenz hergestellt“, so das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern.

Eingriff in Hebesatzautonomie

In den Bundesländern Bayern, Sachsen-Anhalt, Saarland und Thüringen plant man dagegen kein Transparenzregister. Inwiefern die Grundsteuer aufkommensneutral gestaltet wird, hängt laut des Finanzministeriums des Landes Sachsen-Anhalt „maßgeblich von dem verantwortungsvollen Verhalten der Kommunen“ im Rahmen ihrer Hebesatzautonomie ab. Auch halte die Landesregierung ein Register für wenig belastbar, da die betroffenen Haus- und Wohnungseigentümer weniger die Aufkommensneutralität betrachten würden als „vielmehr die konkreten Auswirkungen der Reform auf die Grundsteuer ihrer eigenen Grundstücke“.

Das Finanzministerium in Thüringen will kein Transparenzregister, weil es die Hebesatzautonomie der Gemeinden beschneide sowie hohen Verwaltungsaufwand verursache: „Der vom Land nur sehr ungenau zu berechnende Musterhebesatz schränkt Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Stadträtinnen und Stadträte in ihrer Entscheidungshoheit ein.“

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Etwas übersichtlicher ist es in den Stadtstaaten: In Hamburg verhandele man nach Auskunft des Senats noch darüber, welcher Hebesatz für die Hamburger Grundstücks- und Immobilieneigentümer gelten soll. In Bremen hat man sich bereits auf einen Hebesatz von 755 Prozent geeinigt. Die Stadt Bremerhaven, die ebenfalls zu Bremen gehört, legt ihren Hebesatz selbst fest, habe laut Auskunft des Senats aber Aufkommensneutralität zugesagt.

Berlin hatte im Februar, als erstes Bundesland überhaupt, schon einen Grundsteuer-Hebesatz für 2025 festgelegt. Für bebaute und bebaubare Grundstücke wurde er von derzeit 810 Prozent auf 470 Prozent nahezu halbiert. Die Senkung ist nötig, weil Grundstücke im Osten aufgrund der früheren Teilung der Stadt bislang deutlich unterbewertet waren und die Steuerlast für Eigentümer in Ost-Berlin ab 2025 deutlich zu steigen drohte.