Hessens Landesregierung setzt zunehmend auf Influencer, um junge Menschen anzusprechen. So soll das Image von Behörden modernisiert werden.
Unternehmen engagieren Influencer inzwischen regelmäßig als Werbeträger. Auch Hessens Landesregierung setzt zunehmend auf Influencer-Marketing, um junge Zielgruppen und Nachwuchskräfte anzusprechen. Das geht aus einer Antwort der Hessischen Staatskanzlei auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Wiesbadener Landtag hervor. Insgesamt wendete die Landesregierung demnach seit 2022 rund 311.500 Euro für Influencer-Kampagnen des Innen-, Finanz-, Sozial- und Kultusministeriums auf.
„Die Zusammenarbeit mit Influencern kann dazu beitragen, das Image einer Behörde zu modernisieren und diese als attraktiven Arbeitgeber darzustellen“, erklärte die Staatskanzlei. Die Influencer genössen oft ein hohes Maß an Vertrauen bei ihren Followerinnen und Followern, was bei der Platzierung von Botschaften von Vorteil sein könne.
„Der Einsatz von Influencern, beziehungsweise Influencer-Kampagnen, ermöglicht es, Botschaften einem breiten Publikum zu vermitteln, als dies Behörden über die regulären Kommunikationswege möglich wäre.“ Dabei sprächen diese häufig spezifische Zielgruppen wie beispielsweise junge Menschen oder bestimmte Berufsgruppen an.
Für Ausbildungs- und Studienangebote geworben
So sei mit der Kampagne „Die Zukunft braucht dich! Werde Lehrerin oder Lehrer in Hessen“ im Jahr 2023 erfolgreich für den Lehrerberuf geworben worden. Im Zeitraum der Maßnahmen hätten Beiträge und werbefinanzierte Posts der Influencer deutlich mehr Aufrufe auf die Webseite generiert als jene, bei denen die Kampagne beziehungsweise das Kultusministerium der Absender gewesen seien.
Im Auftrag des Finanzministeriums hätten ausgewählte Influencer durch deren große Anzahl an Followern in der gewünschten Zielgruppe die Reichweite der Ausbildungs- und Studienangebote effektiv und nennenswert erhöht und damit neue potenzielle Bewerber erschlossen. Die Instagram-Kooperationen hätten die Hessische Staatsverwaltung erfolgreich als attraktiven und modernen Arbeitgeber bei der jungen Zielgruppe positioniert.
Zur Sicherung einer zielgruppenadäquaten Darstellung wird nach Angaben der Staatskanzlei in der Regel ein mehrschrittiger Prozess vollzogen: „Er umfasst neben der sorgfältigen Überprüfung und Auswahl der Influencer eine klare Definition von Zielen, Leistungen oder auch Qualitätsanforderungen an die Kampagne beziehungsweise an Einzelmaßnahmen.“ Planung und Umsetzung der Inhalte fänden im engen Austausch zwischen Auftraggeber und -nehmer statt. „Es werden ausschließlich abgestimmte Inhalte veröffentlicht, die laufend überwacht und abschließend evaluiert werden.“
Menschen lassen sich von Influencern beeinflussen
In welchem Ausmaß Behörden auf Influencer setzen, dazu seien ihm keine Daten bekannt, sagt Alexander Bleier, Associate Professor für Marketing an der Frankfurt School of Finance and Management. Es ließe sich aber beobachten, dass sie für Unternehmen immer wichtiger würden. „Das liegt daran, dass die Menschen heutzutage der unternehmensseitigen Werbung immer weniger glauben oder sich davon beeinflussen lassen, von Influencern hingegen immer mehr“, erklärt Bleier, der zu Influencer-Marketing forscht.
Influencer seien ein Verbindungsstück zwischen Unternehmen und Kunden. „Im Prinzip funktioniert das wie bei einer Empfehlung eines Freundes oder einer anderen nahestehenden Person. Der Aussage dieser Personen vertraut man generell mehr als der eines Unternehmens.“
Wer der Auftraggeber ist, sei dabei eigentlich egal. „Das kann jeder sein, solange er einen Influencer findet, der seiner Zielgruppe glaubhaft die Botschaft vermitteln kann, dass das angepriesene Produkt attraktiv ist.“ Authentizität sei das Schlüsselstichwort. „Hat der Influencer keine glaubhafte Verbindung zu dem, was er anpreist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Kampagne nicht funktioniert.“
Nicht nur mit hippen Themen erfolgreich
Wie passen die eher als trocken geltenden Behörden und hippe Influencer zusammen? „Influencer sind keinesfalls alles hippe Teenager mit Themen wie Mode, Fitness, Musik, Technik und Lifestyle. Es gibt sehr erfolgreiche Influencer, die sich mit Themen wie Steuern, Geldanlage oder Literatur befassen“, sagt Bleier.
Den Einsatz von Influencern hält er grundsätzlich für strategisch sinnvoll. Wer effektive Kommunikation wolle, müsse überlegen, wo und wie er seine Zielgruppe erreiche. „Ich kann noch so viel Werbung für den Lehrerberuf in der Zeitung machen. Wenn junge Leute die Zeitung nicht lesen, werde ich da einfach nur Geld verbrennen“, so Bleier. Zudem gebe es eine Kennzeichnungspflicht von Werbung auch für Influencer. „Influencer -Marketing ist also kein Trick oder unlauter.“
Bei der Preisgestaltung herrsche allerdings noch sehr viel Unklarheit. Es gebe wenig Erfahrung, wie viel man für eine Influencer-Kampagne ausgeben müsse und zu wenig Erkenntnisse darüber, inwiefern sie sich direkt in Erfolgsgrößen messen lasse. „Es herrscht noch so wenig Erfahrung, dass man, wenn man Pech hat, überbezahlt.“