Stars: „Speed“, „Matrix“, Rocker und Autor – Keanu Reeves wird 60

Keanu Reeves ist ein Action-Star, aber anders gestrickt als Muskelmänner wie Stallone oder Schwarzenegger. Mit 60 Jahren packt der Schauspieler neue Projekte an – als Autor und auf der Theaterbühne.

An den Kassenerfolgen seiner Blockbuster-Serien „John Wick“ und „Matrix“ gemessen, zählt Keanu Reeves zu Hollywoods großen Action-Stars. Doch mit Muskelhelden wie Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger hat er wenig gemeinsam. Der meist nachdenklich und ernst wirkende Star wird heute 60 Jahre alt. 

In seiner Paraderolle als Auftragskiller John Wick teilt Reeves auf der Leinwand mit Fäusten, Gewehrsalven, asiatischer Kampfkunst brutal aus, aber dem Killer mit dem stoischen Gesichtsausdruck ist anzusehen, dass ihn das Morden anwidert. Reeves ist ein Meister darin, mit geringer Mimik viel über die Seele eines Charakters zu offenbaren. 

Reeves veröffentlicht einen Roman

Nur wenige Wochen vor seinem 60. Geburtstag stellt sich Reeves seinen Fans als Buchautor vor. Der Schauspieler, der seit 2021 auch als Schöpfer der Comic-Reihe „BRZRKR“ über einen unsterblichen Krieger Furore macht, brachte Anfang August seinen Debüt-Roman „Das Buch Anderswo“ heraus. 

Das gemeinsam mit dem britischen Science-Fiction-Autor China Miéville geschriebene Werk spielt ebenfalls in der „BRZRKR“-Welt, in der ein 80.000 Jahre alter Kämpfer seine Unsterblichkeit satthat. 

Beim kreativen Arbeiten lerne er viel über sich selbst, erzählte Reeves jüngst der „New York Times“. „Vielleicht habe ich Vaterprobleme und Mutterprobleme. Und vielleicht denke ich über den Tod nach“, sinnierte er in dem Interview zur Buchveröffentlichung. Er denke gerne darüber nach, wo wir Menschen herkommen, und beschäftige sich mit Themen rund um Technologie oder die Macht der Liebe.

Rock und Theaterbühne

Reeves passt in keine Schablone. Als Mitglied der US-Rockband Dogstar – am Bass – wurde der Schauspieler und Musiker im Juni beim Festival Rock im Park in Nürnberg stürmisch gefeiert. Im Herbst 2025 will der Star mit einer Hauptrolle in dem Klassiker „Warten auf Godot“ in New York sein Broadway-Debüt geben. 

Das Stück des irischen Dramatikers Samuel Beckett gilt als Inbegriff des absurden Theaters. Die beiden Landstreicher Wladimir und Estragon warten vergeblich auf einen gewissen Godot. Währenddessen führen sie Gespräche über das Leben. Reeves soll Estragon spielen, sein Kollege Alex Winter den Wladimir mimen. 

Bewegte Kindheit

Die Vielschichtigkeit des Stars mag auch an seiner bewegten Kindheit liegen. Geboren wurde er im Libanon als Sohn einer englischen Modedesignerin und eines Geologenchinesisch-hawaiischer Abstammung. 

Der Vorname Keanu bedeutet auf Hawaiianisch „kühle Brise“. Die Familie zog nach Australien, dann nach New York. Seine Teenagerjahre verbrachte er im kanadischen Toronto. Er war drei Jahre alt, als die Eltern sich trennten. Der Kontakt zum Vater brach ab. 

Diese Erfahrung sei bestimmt traumatisierend gewesen, sagte Reeves 2019 im Interview mit „The Guardian“. Als Teenager habe er schon früh gewusst, dass er Schauspieler werden wollte, schaute er auf seine Jugend zurück. Die Schule verließ er vor dem Highschool-Abschluss, er spielte Theater und zog nach Los Angeles. 

Schon bei den ersten Auftritten vor der Kamera in den 80er Jahren zeigte Reeves seine Vielfalt. Auf das Independent-Drama „Das Messer am Ufer“ folgten der Kostümfilm „Gefährliche Liebschaften“ und die Komödien „Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit“ und „Eine Wahnsinnsfamilie“. 

Hollywood-Erfolge

Hollywood wurde auf das junge Talent aufmerksam. In dem gefeierten Film „My Private Idaho“ (1991) spielte er unter der Regie von Gus van Sant an der Seite von River Phoenix einen Strichjungen. 

Regisseurin Kathryn Bigelow gab ihm in „Point Break – Gefährliche Brandung“ die erste Actionrolle – als Undercover-Agent wird er in die Surferszene eingeschleust. Kenneth Branagh holte ihn 1993 für die Shakespeare-Verfilmung „Viel Lärm um nichts“ als Don Juan vor die Kamera.

Vor 30 Jahren dann der Durchbruch zum Action-Star: In Jan de Bonts rasantem Film „Speed“ spielte Reeves einen Polizisten an Bord eines Linienbusses, der wegen einer Bombe eine konstant hohe Geschwindigkeit halten muss, Sandra Bullock sitzt am Steuer. 

Mit Bullock war er 2006 auch in der romantischen Komödie „Das Haus am See“ zu sehen. Die Oscar-Preisträgerin meldete sich 2021 in einem „Esquire“-Porträt über Reeves zu Wort. Sie bewundere ihn als Menschen sehr, schwärmte die Schauspielerin. Allerdings habe seine Schweigsamkeit sie anfangs auch verunsichert. „Er ist ein Zuhörer“, sagte Bullock der Zeitschrift. „Und es macht Leute verrückt“, schmunzelte sie. 

Rund ein Jahr nach der Veröffentlichung von „Speed“ erwähnte Bullock demnach bei einem Treffen beiläufig, dass sie noch nie Champagner und Trüffel probiert habe. Ein paar Tage später sei Reeves dann unvermittelt mit seinem Motorrad bei ihrem Haus vorbeigefahren, um ihr genau diese Leckereien samt Blumen zu bringen. 

Schweigsamer Action-Star

Reeves spricht kaum über sein Privatleben, verheiratet war er nie. 1999 brachte seine hochschwangere Freundin, Schauspielerin Jennifer Syme, die gemeinsame Tochter tot zur Welt. Zwei Jahre später kam sie bei einem Autounfall ums Leben. Seit 2019 zeigt sich Reeves in Begleitung der US-Künstlerin Alexandra Grant. 

Keine andere Rolle machte ihn wohl so berühmt wie Neo aus der vierteiligen „Matrix“-Serie (1999 bis 2021). In dem Science-Fiction-Thriller spielt er den nachdenklichen Hacker und Martial-Arts-Kämpfer, der mit übermenschlichen Kräften die von Maschinen versklavte Menschheit retten soll. 

Für „Matrix 4“ habe er sich bei den Dreharbeiten gleich 19 Mal von einem Hochhaus gestürzt, natürlich mit Seilen gesichert. „Es war großartig!“, sagte der Schauspieler 2021 in der „Late Show“ von Stephen Colbert“. Der Stunt, bei dem er Hand in Hand mit Ko-Star Carrie-Anne Moss aus dem 46. Stock stürzte, sei eindeutig die verrückteste Erfahrung am Set von „The Matrix Resurrections“ gewesen.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur sinnierte Reeves 2019 über seine Faszination für Action-Filme. „Wenn ich als Kind Kung-Fu-Filme geguckt habe, waren das für mich Superhelden: „Wow, die können fliegen, die können springen, die haben Kraft, die können was.“ Warum sehen wir gerne dabei zu, wenn gekämpft wird? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich ist das uralt.“