Seit Whatsapp von Facebook gekauft wurde, gibt es immer wieder Schnüffel-Vorwürfe gegen den Messenger. Die werden nun auch von Elon Musk befeuert. Das verärgerte Dementi betrifft aber nur einen Teil der Vorwürfe.
Die Sorgen machen schon lange die Runde: Wieviel kann Whatsapp eigentlich aus den eigenen Chats mitlesen, abhören oder von Videos sehen? Glaubt man Elon Musk, ist der Messenger sogar noch neugieriger als die meisten Menschen befürchten. Bei Whatsapp-Mutterkonzern Meta kam das gar nicht gut an. Gleich mehrere hochrangige Angestellte legten sich in der Folge mit Musk an.
Der Vorwurf wiegt allerdings in der Tat schwer. „Whatsapp exportiert jede Nacht Ihre Nutzerdaten“, behauptete der Tesla-Milliardär Montagnacht in einem Post bei seinem Kurznachrichtendienst X. „Manche Menschen halten es immer noch für sicher.“ Die Antwort folgte prompt. „Auch wenn viele es schon gesagt haben, muss ich es nochmal wiederholen: Das stimmt nicht“, postete Will Cathcart. Der muss es wissen: Er ist Chef des Messengers.
Welche Daten sammelt Whatsapp wirklich?
Doch ganz so einfach wie Cathcart es darstellt, ist die Sache nicht. „Wir verschlüsseln Ihre Nachrichten. Sie werden nicht jede Nacht an uns gesendet oder exportiert“, betont er. Das hat Musk genau genommen allerdings auch gar nicht behauptet, wie schnell andere X-Nutzer anmerkten: Der X-Chef hatte in seinem Vorwurf nicht explizit von Nachrichten, sondern von den Nutzerdaten gesprochen.
„Whatsapp-Nachrichten sind Ende-zu-Ende verschlüsselt, aber bei Nutzerdaten geht es nicht nur um Nachrichten“, erklärt Sicherheits-Forscher Tommy Mysk den Unterschied. „Es geht auch um Metadaten wie den Standort der Nutzer, mit welchen Kontakten die Person chattet, die Muster, wann jemand online ist.“ Und die werden durchaus gesammelt und ausgewertet. „Diese Metadaten werden nach der Datenschutzrichtlinie tatsächlich für zielgerichtete Werbung über Metas Dienste hinweg genutzt“, so Mysk. Sein Schluss: „Elon Musk hat also recht.“
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Die Macht der Metadaten
Tatsächlich lässt sich aus den Metadaten viel herauslesen: Wer wann mit wem wo spricht, kann oft genauso viel über die Beziehung dieser Personen aussagen, wie der konkrete Inhalt der Gespräche. So erkannte eine Studie der Uni Stanford anhand von Telefondaten, „dass eine Teilnehmerin erst mit ihrer Schwester telefoniert hatte, bei der sie sich sonst fast nie meldete, und danach bei einer Abtreibungsklinik anrief. Zwei Wochen später kontaktierte die Teilnehmerin erneut die Klinik. Daraus konnte man schlussfolgern, dass sie eine Abtreibung hat vornehmen lassen“, erklärte Expertin Katharina Nocun dem stern. „Nur anhand der Telefonprotokolle konnte man so etwas Sensibles und Privates herausfinden.“ Das vollständige Interview finden Sie hier.
Zumindest in der EU sammelt Whatsapp diese Daten allerdings nach eigenen Angaben nicht mehr. „Wir bewahren keine Protokolle dazu auf, wer wem Nachrichten sendet oder wer wen anruft, und wir können deinen geteilten Standort nicht sehen“, erklärt der Messenger auf einer Hilfeseite. „Daher können wir solche Informationen gar nicht mit Meta teilen.“ In älteren Fassungen war dieser Hinweis noch nicht zu finden. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshof hatte dem Konzern das Teilen der Daten zwischen den Diensten im letzten Jahr untersagt.
Musk streitet weiter
Dem X-Chef ging es allem Anschein nach aber ohnehin nicht um die Sache. Das war eigentlich auch nicht zu erwarten: Meta ist eines seiner Lieblingsziele, mit Konzernchef Mark Zuckerberg wollte er Anfang letzten Jahres sogar in den Ring steigen. Statt sich ernsthaft mit den Gefahren von Metadaten auszutauschen, kriegte Musk sich entsprechend lieber mit Metas KI-Chef Yann LeCun in die Wolle. Der hatte es gewagt zu hinterfragen, wie Musks KI-Firma xAI wahrheitstreue KI schaffen will – wenn er selbst Verschwörungstheorien teilt.
Darauf ging Musk gar nicht erst erst ein. Stattdessen begann er, LeCuns Qualifikationen zu hinterfragen und ihn zu verspotten. Als LeCun sich Musks Followern in eine Debatte verwickeln ließ, was genau Wissenschaft ausmacht, beteiligte sich der geübte Troll Musk dazu nur noch mit Lach-Emojis. Und bezeichnete einen Post des Wissenschaftlers als „eine der dümmsten Aussagen, die je jemand ausgesprochen hat.“ Während LeCun weiter diskutierte, wandte sich Musk dann anderen Themen zu.