Die Papenburger Schiffbauer stehen für Ingenieurskunst „Made in Germany“ – doch nun drohen dem niedersächsischen Traditionsbetrieb herbe Einschnitte. Hunderte von Arbeitsplätzen sind in Gefahr.
Die für ihre Kreuzfahrtschiffe international bekannte Meyer Werft steht vor einem harten Sanierungskurs. Das Unternehmen befinde sich in einer historischen Krise, sagte der vor wenigen Wochen zum Unternehmen gestoßene Chefsanierer Ralf Schmitz nach einer Betriebsversammlung in Papenburg. Die Geschäftsführung informierte die Belegschaft über einen geplanten Stellenabbau. „Wir sprechen von rund über 440 Stellen, über den Konzern verteilt“, sagte Schmitz der Deutschen Presse-Agentur.
Die Meyer Werft hat auch Standorte in Rostock und im finnischen Turku. Am emsländischen Stammsitz zählt die Stammbelegschaft derzeit rund 3000 Männer und Frauen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) zeigte sich besorgt. Der Betriebsratsvorsitzende in Papenburg, Andreas Hensen, sprach von einem Riesenschock.
Das Unternehmen müsse dringend Kosten sparen, sagte Schmitz. Ursache seien die Folgen der Corona-Pandemie sowie die großen Preissteigerungen der vergangenen Monate und Jahre. Im vergangenen Jahr seien erhebliche Verluste aufgelaufen. „Durch Corona fällt die Werft in ein Auslastungsloch, jetzt, in den Jahren 2024/25, ist die Arbeit Mangelware“, sagte der Manager. Es gebe einen erheblichen Finanzierungsbedarf.
„Die Werft braucht viel Geld“
Das Auftragsbuch der Werft ist noch gefüllt. Nach früheren Angaben des Unternehmens gibt es derzeit Aufträge für sechs Kreuzfahrtschiffe, ein Forschungsschiff und den Stahlbau für vier Offshore-Konverterplattformen.
Wegen des zusammengebrochenen Tourismus-Marktes waren zu Beginn der Corona-Pandemie in Absprache mit den Kunden die damaligen Aufträge zeitlich gestreckt worden. Die Schiffe sind laut Schmitz vor Corona kalkuliert worden. Übliche Preisgleitklauseln, mit denen Preissteigerungen für Materialien vereinbart werden, sind nach seinen Angaben nicht in den Verträgen enthalten. „Die Werft braucht viel Geld, viel Liquidität, um wieder wetterfest gemacht zu werden“, sagte Schmitz. Vor allem müsse das Unternehmen wieder profitabel aufgestellt werden: „Es müssen Kosten gespart werden.“
Die Geschäftsführung will bis Ende 2027 wieder ein ausreichendes Ergebnis erzielen. Ein großes Problem ist die Finanzierung von Neuaufträgen – diese müssen von der Werft vorfinanziert werden. Mit dem Betriebsrat und der IG Metall soll nun über den Stellenabbau verhandelt werden.
Betriebsrat: Jeder einzelne Arbeitsplatz muss erhalten bleiben
Betriebsratschef Hensen kritisierte, die Belegschaft solle für Fehler des Managements in die Pflicht genommen werden. Dabei habe sie in den vergangenen Jahren bereits viel für das Unternehmen gegeben. Die Mitarbeiter hätten jedes Jahr unentgeltlich Mehrarbeit von hundert Stunden geleistet. Der Betriebsrat beziffere den Gegenwert auf rund 40 Millionen Euro. „Wir finden, irgendwann reicht es, man kann nicht immer alles auf den Rücken der Kollegen austragen.“
Die von der Geschäftsleitung mit dem Stellenabbau gewünschten Einsparungen von 33 Millionen Euro ließen sich aus Sicht der Beschäftigten auch an anderer Stelle finden, sagte Hensen. „Die Geschäftsleitung muss auf die Kolleginnen und Kollegen vor Ort hören“, forderte er. Jeder einzelne Arbeitsplatz auf der Meyer Werft müsse erhalten bleiben.
„Die Pläne der Geschäftsführung wären ein harter Schlag für die Betroffenen und die Region. Die Lage der Meyer Werft ist sehr ernst, aber ein planloser Personalabbau ist keine Lösung“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich. „Ein Zukunftskonzept mit Personalabbau und Verzicht zu starten, ist kein guter Start. Wir werden eine Kahlschlagpolitik nicht akzeptieren und für die Zukunft aller Beschäftigten kämpfen.“
Wirtschaftsminister Lies: Schmerzhafter Einschnitt
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies kündigte an, sich die von Schmitz geplanten Maßnahmen sehr genau anzuschauen. Die Werft habe eine gute Perspektive, befinde sich aber auch akut in einer sehr schwierigen Lage. Es sei jedoch der falsche Weg, nun „reflexartig“ über die Entlassung von Beschäftigten zu sprechen, sagte der SPD-Politiker. „Ich erwarte klar, dass nun Vorschläge im Sinne der Beschäftigten vor Ort gemacht werden.“
Ein solcher Beschäftigungsabbau würde einen schmerzhaften Einschnitt für den Standort in Papenburg bedeuten. „Die Meyer Werft hat eine zentrale Bedeutung für die gesamte Region sowohl als Arbeitgeber als auch als einer der internationalen Know-how-Träger im Kreuzfahrtschiffbau und damit als industrielles Aushängeschild von Weltrang“, sagte Lies.