Musik-Events: Sommermärchen oder Fiasko? – Adeles Konzertmarathon endet

Die zehnteilige Konzertreihe von Superstar Adele geht zu Ende – und in München jubilieren Gastronomen und hoffen auf Wiederholung. Umweltschützer sehen dagegen ein „klimapolitisches Fiasko“.

Mehrere Hunderttausend glückliche Fans, vielleicht noch glücklichere Gastwirte – und besorgte Klimaschützer. München jubelt über den zehnteiligen Konzertmarathon von Superstar Adele – doch Umweltschützer sehen ein „klimapolitisches Fiasko“.

Für die Gastronomen in und um München seien die zehn Konzerte im August „eine tolle Geschichte“ gewesen. „Wie so ein Sommermärchen war das“, sagte die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Angela Inselkammer, der Deutschen Presse-Agentur. Eine Statistik und belastbare Zahlen habe sie zwar noch nicht. Aber: „Die Hotels waren einfach voll – und zu sehr guten Raten.“ Das gelte nicht nur für die Stadt München, sondern auch für das Umland. 

„Gäste, die Geld ausgeben wollten“

Der August sei sehr viel besser gelaufen als sonst. „Die Nachfrage war toll und das waren durchaus Gäste, die Geld ausgeben wollten.“ Und das, obwohl auch die meisten Karten, die für die seit Anfang August laufenden zehn Shows der britischen Sängerin nicht gerade billig waren. 

Für Samstag ist der letzte von zehn Auftritten im eigens dafür aufgebauten Pop-Up-Stadion auf dem Messegelände geplant. Mehrere Hunderttausend Fans haben die Britin bei ihren Konzerten in München gesehen.

Mehr als 70.000 Besucher pro Show

Adele – die bekanntermaßen nicht gerne auf Tour geht und zuletzt 2016 auf dem europäischen Festland auftrat – hatte sich in der bayerischen Landeshauptstadt ein eigenes Stadion bauen lassen. Komplett auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten und komplett schwarz-weiß im Adele-Look gehalten. Mehr als 70.000 Besucher hatten dort pro Show Platz.

Und die mussten nicht nur irgendwo schlafen und essen – sie kauften auch ein, fuhren Taxi oder Bus. Der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) hatte damit gerechnet, dass die Konzertreihe der Wirtschaft in der Stadt insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro einbringt. 

„Wir gehen von einer zusätzlichen lokalen Wertschöpfung von mehreren hundert Millionen Euro aus“, sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. „Nach den Konzerten von Adele können wir aus wirtschaftlicher Sicht resümieren: Gastronomie und Hotels, Einzelhandel und Souvenirstände sowie Bus- und Taxigewerbe haben von den Konzertbesuchern profitiert, die in der Regel nicht nur für einen Tag in München geblieben sind.“

Womöglich waren die Konzerte in München die vorerst letzte Möglichkeit, 36-Jährige live zu erleben. Sie hat nämlich angekündigt, sich danach erstmal eine längere Auszeit nehmen zu wollen. Für Dehoga-Präsidentin Inselkammer ist insgesamt klar: gerne wieder. Eine solche Superstar-Konzertreihe könne München regelmäßig brauchen.

„Klimapolitisches Fiasko“

Ob das aus Umwelt- und Klimaschutz-Gesichtspunkten aber wirklich eine gute Idee, wäre, das bezweifelt zumindest der EU-Klimapakt. „Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung, die Konzertreihe an einem zentralen Ort stattfinden zu lassen, nachhaltiger als eine Tournee in verschiedenen Städten oder sogar Ländern“, heißt es in einer Mitteilung. Auf den zweiten Blick aber stelle sich die Sache etwas anders dar.

EU-Klimapakt-Botschafter Julian Vogels hat 1407 Konzertbesucher gefragt, wie sie nach München gekommen waren. Das Ergebnis: Jeder Vierte (24,3 Prozent) kam per Flugzeug. Die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen pro Person lagen den Angaben zufolge bei 41,14 Kilogramm – so viel wie ein Baum in drei Jahren kompensieren kann. 

Das sei um ein Vielfaches höher als beispielsweise die durchschnittliche Anreise bei der Sommertournee 2023 der Band AnnenMayKantereit (12,44 Kilogramm). „Adeles Fans sind internationaler, und gerade deswegen ist es ein klimapolitisches Fiasko, dass Adele eine Konzertserie in München einer Tournee vorzieht“, so lautet Vogels‘ Fazit. 

„Hätte Adele zum Beispiel in fünf großen europäischen Städten gespielt, hätte sich die durchschnittliche Anreiseentfernung deutlich reduziert und somit hätten auch deutlich weniger Menschen das klimaschädliche Flugzeug als Anreiseart gewählt.“