Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat als Konsequenz aus dem Anschlag in Solingen eine Überprüfung der als kompliziert geltenden Abschiebeverfahren gefordert. Es handle sich um „Verfahren, die insgesamt auf den Prüfstand gehören“, sagte sie am Donnerstag im Deutschlandfunk. Ein Problem seien dabei insbesondere restriktive Vorgaben der Zielländer wie etwa Bulgarien. Dorthin hatte der mutmaßliche Attentäter von Solingen bereits 2023 abgeschoben werden sollen.
Auf die Frage, ob sie eine politische Verantwortung trage, sagte Paul: „Wir müssen jetzt aufklären und auch Verbesserungen vornehmen, weil das jetzt unsere ganz klare Aufgabe nach diesem schrecklichen Vorfall von Solingen ist.“ Die Abläufe um die nicht erfolgte Abschiebung des verdächtigen Syrers seien in den vergangenen Tagen „sehr genau“ angeschaut worden.
Im Fall des Syrers hatte die zuständige Ausländerbehörde Paul zufolge direkt nach der Überstellungsanordnung des Bundesamts für Migration und Flucht (Bamf) im März 2023 einen Flug für die Abschiebung gebucht. Als die Behörde den Syrer nicht in seiner Unterkunft antraf, konnte demnach kein weiterer Flug gebucht werden, weil bis zum Ablauf der Überstellungsfrist im August kein passender Flug verfügbar war.
In diesem Zusammenhang bemängelte Paul komplizierte Abschiebebedingungen. Bulgarien habe zwar der Rücküberstellung zugestimmt, die Bedingungen aber eng gefasst – „also nur an bestimmten Wochentagen, nur zu bestimmten Zeitfenstern, nur zum Flughafen Sofia“, sagte Paul. Deshalb müsse geschaut werden, wie mehr Flüge verfügbar gemacht werden könnten, sagte die Flüchtlingsministerin.
Der verdächtige Syrer soll in der vergangenen Woche bei einem Stadtfest in Solingen drei Menschen erstochen und acht weitere verletzt haben. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat mit islamistischem Hintergrund aus. Der Mann sitzt seit Sonntag in Untersuchungshaft. Die Umstände der nicht erfolgten Abschiebung warfen Fragen hinsichtlich möglicher Versäumnisse auf. Am Donnerstag und Freitag befasst sich der Landtag in Düsseldorf mit dem Fall.