Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR leiden zum Teil bis heute unter den Folgen. Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Ende des Unrechtsstaats soll den Betroffenen besser geholfen werden.
Sachsen-Anhalts Aufarbeitungsbeauftragter Johannes Beleites hält es für endlich an der Zeit, dass Opfer des SED-Regimes unkomplizierter rehabilitiert werden und Hilfe erhalten. „Es ist die letzte Chance, die gesetzlichen Regelungen so zu ändern, dass den Betroffenen Demokratie und Rechtsstaat mit einem Lächeln begegnen“, sagte Beleites der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe um Menschen, die in der DDR unverschuldet in Haft saßen, in Kinderheimen und Jugendwerkhöfen Unrecht erlitten, zu Dopingopfern wurden oder denen anderweitig bewusst psychische oder physische Schäden zugefügt wurden.
Ein Referentenentwurf für die neuen rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften liegt derzeit in Bundestag und Bundesrat zur Beratung. Offen sei noch, welche Gruppen berücksichtigt werden, sagte Beleites – und auch, welche Nachweisregeln gelten sollen.
Vorbild für das neue Rehabilitierungsrecht sollte seiner Meinung das Soldatenrecht sein, nach dem auch bei später auftretenden gesundheitlichen Folgen wie posttraumatischen Belastungsstörungen ein vorangegangener Militäreinsatz als Ursache vermutet werde.
Jahrzehntelange Klagen an den Gerichten
Viele Betroffene versuchten auf dem teils jahrzehntelangen Klageweg zu ihrem Recht zu kommen, sagte Beleites. Dabei fühlten sie sich oft nochmals gedemütigt. Sie müssten beweisen, dass ihre gesundheitlichen Probleme auf die Zeit der Haft und Repressionen zurückzuführen seien.
Teure Gutachter könnten sie in eine Vernehmungssituation zurückversetzen und retraumatisieren. In den Ämtern säßen Menschen, die das DDR-System nicht erlebt hätten und die mit den existenziellen Brüchen der Betroffenen nichts anfangen könnten. Ihnen müsse man erst klarmachen, dass es die Zusammenhänge über Jahrzehnte gebe. „Ich erlebe, dass man viel dolmetschen muss“, sagte Beleites.
„Wir machen uns eine große Bevölkerungsgruppe zum Gegner.“ Angehörige, Kinder und Bekannte der Betroffenen erlebten mit, wie die Menschen immer wieder „einen Tritt“ bekämen. „Das darf nicht sein“, betonte der Aufarbeitungsbeauftragte.
Große Nachfrage nach dem Härtefallfonds des Landes
Wie groß der Bedarf bei den Betroffenen ist, zeigt die Nachfrage nach dem Härtefallfonds des Landes. Er wurde von 50.000 Euro im vergangenen Jahr auf nun 100.000 Euro aufgestockt. Voraussichtlich werde das Geld in diesem Jahr nicht für alle Anträge reichen, so Beleites.
Im vergangenen Jahr hatten 40 Betroffene Anträge gestellt, an zwölf von ihnen wurden 46.519 Euro ausgezahlt. In diesem Jahr wurden bislang 48 Anträge gestellt und etwa 50.000 Euro ausgezahlt. Bis zu 5.000 Euro können bei wirtschaftlicher Notlage ausgereicht werden, beispielsweise für mehr Mobilität in Form eines Elektrofahrrads oder auch Renovierungsarbeiten.