Ist Ministerpräsident Wüst ein Sprach-Genie oder geht irgendetwas in der Staatskanzlei nicht mit rechten Dingen zu? Die SPD hinterfragt den Einsatz Künstlicher Intelligenz bei einer Gruß-Botschaft.
Eine lässig in elf Sprachen präsentierte Video-Botschaft des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) an Fußball-Fans weckt den Argwohn der SPD-Opposition. Anlass: Zum Start der Fußball-Europameisterschaft der Männer in Deutschland hatte die Landesregierung im Juni auf ihrem Instagram-Account und bei YouTube mehrere Videos platziert, in denen Wüst Fußball-Fans aus ganz Europa in verschiedensten Sprachen begrüßte.
„Was man als beeindruckendes Sprachen-Talent deuten könnte, ist tatsächlich ein mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erzeugtes Video – also eine täuschend echt wirkende, aber technisch manipulierte Videoaufnahme“, bemängelt die SPD in einer Anfrage an die Landesregierung. Wüsts Video sei „für untrainierte Augen und Ohren – trotz Wasserzeichen – kaum oder gar nicht als Nachbildung zu erkennen“.
Tatsächlich imitierte die KI-Software Wüsts Stimme und seine Lippenbewegungen so gut, dass man glauben konnte, er spricht selbst – auch auf Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Rumänisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch, Ukrainisch.
In den verschiedenen Sprachen war unter anderem zu hören: „Liebe Fußball-Fans, herzlich willkommen in Nordrhein-Westfalen! Hier bei uns schlägt das Herz des Fußballs. Hier ist der Deutsche Fußballmeister zu Hause. Als Ministerpräsident begrüße ich Sie alle zur Fußball-Europameisterschaft und wünsche Ihnen eine tolle Zeit in unserem wunderschönen Land.“
In ihrer Antwort stellt die Landesregierung jetzt klar, dass das Video-Grußwort mehrere transparente Hinweise auf die Anwendung von KI enthalten habe. Immerhin seien vier NRW-Städte Austragungsort von insgesamt 20 Partien gewesen. „Um dem offenen und internationalen Charakter Nordrhein-Westfalens zu entsprechen, war es der Landesregierung ein Anliegen, die Menschen, die im Rahmen der Fußball-Europameisterschaft das Land besuchen, in ihrer Landessprache zu begrüßen und willkommen zu heißen“, erläuterte die Staatskanzlei die KI-Offensive.
Bei dem Einsatz seien alle rechtlichen Vorgaben eingehalten worden. Derzeit würden Richtlinien für den Einsatz von KI in verschiedenen Bereichen der Landesregierung erarbeitet. Die SPD mahnte Vorsicht an, weil es zunehmend schwieriger werde, zwischen authentischem und künstlich erzeugtem beziehungsweise verändertem Inhalt zu unterscheiden.