Fee alias Felix Jaehn wird am 28. August 30 Jahre alt. Das ist der musikalische und persönliche Weg des nichtbinären Musikstars.
Der als DJ bekannte Musikstar Felix Jaehn feierte 2015 den musikalischen Durchbruch. Auf dem bisherigen Weg in der Öffentlichkeit warteten nicht nur zahlreiche Hits und Karriereerfolge. Fee, den neuen Namen gab der nichtbinäre Jaehn im April 2024 bekannt, durchlebte in den vergangenen Jahren auch eine persönliche Reise.
Von kleinen Dorffesten auf große Bühnen
„Bei mir ging es so los, dass ich mit 15, 16 auf Geburtstagspartys von Freunden angefangen habe, Musik zu machen“, blickte Fee in dem Talkformat „Süß und deftig“ im April 2024 auf die musikalischen Anfänge Jaehns zurück. „Damals habe ich einfach eine Playlist mitgebracht, Musikstreaming gab es da noch nicht. Ich habe gemerkt, dass es mir Spaß macht und habe mir den ersten Controller gekauft.“ Mit drei Freunden und dem Bruder zusammen habe der in Hamburg geborene Jaehn ein DJ-Team gegründet und sie hätten Abipartys, Dorffeste und Hochzeiten in Norddeutschland bespielt.
Jaehn ging nach der Schule für ein Jahr nach London und habe dort „Musikproduktion gelernt, Mixtapes verteilt und einen Soundcloud-Kanal gestartet sowie Bootlegs, also nicht-autorisierte Remixes gemacht.“ Zu den ersten gehörten „Fix You“ von Coldplay und „Another Love“ von Tom Odell. 2015 sollte sich die Arbeit an Jaehns DJ-Qualitäten auszahlen. Der Remix des Songs „Cheerleader“ (laut Webseite von Jaehn erreichte es in 55 Ländern Platz 1) und das Cover von „Ain’t Nobody (Loves Me Better)“ (in 36 Ländern auf Platz 1) wurden weltweit zu Hits. In Deutschland wurde letzteres zum Sommerhit 2015 erkoren. Es folgten zahlreiche Kooperationen mit bekannten Künstlern wie Mark Forster, Herbert Grönemeyer, Vize, Robin Schulz, Ray Dalton, Calum Scott, Katja Krasavice oder Leony und Auftritte bei großen Festivals wie das Tomorrowland und das Parookaville.
Prozess der Selbstfindung
Nach dem musikalischen Durchbruch habe sich Jaehn nie zu Fragen nach der eigenen Sexualität geäußert. „Ich war mir selbst auch noch unsicher in meiner Identität“, gab Jaehn bei „Süß und deftig“ an. „In einer cis-heteronormativen Welt ist das dann leider so, dass das die Leute annehmen.“
Im Interview mit dem „ZEITmagazin“ sprach Jaehn 2018 erstmals öffentlich über die persönliche sexuelle Orientierung. Ein innerer „Konflikt“ habe Jaehn demnach in der Vergangenheit immer wieder vor einer festen Beziehung zurückschrecken lassen. „Mal war ich eher an Mädchen interessiert, mal eher an Jungs.“ Fee habe immer darauf gehofft, eines Morgens aufzuwachen und sich darüber im Klaren zu sein, „was ich eigentlich will“. Bisher sei das jedoch noch nicht der Fall gewesen, erklärte der Star zu der Zeit zu seiner Bisexualität.
2019 setzte Jaehn auch in der Musik ein Zeichen der Selbstakzeptanz. „‚Love on Myself‘ ist ein Song, der mir sehr am Herzen liegt, weil es darin um Selbstliebe und Selbstakzeptanz geht“, sagte der Star „EDM Den“. „In der Vergangenheit war das, wie der Text sagt, ein Kampf für mich. Ich bin froh, dass das jetzt nicht mehr der Fall ist und ich meine positive Energie und meine Geschichte mit der Welt teilen kann. Hoffentlich kann ich viele andere dazu inspirieren, sich selbst zu lieben und nach innen zu schauen, anstatt woanders nach Anerkennung zu suchen.“
Zum Album „Breathe“ aus dem Jahr 2021 sprach Jaehn über den Prozess der Selbstfindung und den Weg zu mentaler Gesundheit. „Ich habe mich selbst kennengelernt. Ich habe meine Panikattacken und Angstzustände hinter mir lassen können“, sagte Jaehn im September 2021 im Interview mit spot on news. „Ich habe den Filter von meinem Kopf genommen, sehe die Welt mit klaren Augen, mit einem ganz anderen Bewusstsein. Jetzt bin ich ein grundlegend entspannter und glücklicher Mensch.“ Neben Meditation und einem Klosteraufenthalt habe auch eine Therapie geholfen, unter anderem mit Hypnose. „Dadurch, dass ich so krasse Probleme mit meiner mentalen Gesundheit hatte, war ich gezwungen, Antworten zu finden. Auch wenn ich viel Leid erfahren habe und es mir oft nicht gut ging, bin ich jetzt im Nachhinein dankbar für die Zeit. Ich bin zwar immer noch ein junger Mensch, aber habe für mich so viel reflektiert und bin in meiner Mitte angekommen. Jetzt wache ich jeden Tag mit Freude auf und gestalte das Leben.“
Ein Name wird zum Musikprojekt
Vor allem seit 2023 zeigt sich der mit dem Bambi und mehrmals als „Bester Dance Act“ mit der 1 Live Krone ausgezeichnete Star in den sozialen Medien mit verändertem Look. Im September 2023 sagte Jaehn im Interview mit dem „Faces“-Magazin: „Ich habe endlich eine neue Seite an mir entdeckt. Es hat 28 Jahre gedauert, bis ich mich getraut habe, mich so zu kleiden, denn so wie ich erzogen und sozialisiert wurde, galt dieser Stil als ‚weiblich‘, und es klang immer nach ‚das kann ich als Mann nicht‘.“ Doch Jaehn könne es und fühle sich gut dabei. „Natürlich bin ich mir auch bewusst, dass das Risiko, angegriffen oder sogar körperlich verletzt zu werden, jetzt viel höher ist, weil die Menschen in der Gesellschaft mich eindeutig als queer identifizieren können.“ Jaehn setzt sich deshalb für Awareness und Themen wie Rassismus, Sexismus und Homophobie ein. „Leider haben viele Menschen derzeit nicht das Privileg, sich in einer Club- oder Festivalumgebung sicher zu fühlen. Ich denke wirklich darüber nach und bilde mich weiter, in der Hoffnung, dass ich dazu beitragen kann, etwas zu ändern.“
Im Juni 2023 schreibt Fee bei Instagram: „Es ist ein tolles Gefühl, mich von gesellschaftlichen Stereotypen zu befreien, die nicht zu mir passen, und ebenso ermutigend zu wissen, dass wir gemeinsam eine Gesellschaft für alle gestalten können. Sei einfach, wer du sein willst, solange du alle anderen ein freies, sicheres und glückliches Leben führen lässt.“
Im April 2024 sprach Jaehn über die eigene Pansexualität als sexuelle Orientierung, bei der Personen keine Vorauswahl nach Geschlecht oder Geschlechtsidentität treffen, und erklärte die bereits genannte Namensentwicklung in dem Talkformat „Süß und deftig“: „Ich nutze zurzeit lieber den Namen Fee, weil ich unter die nichtbinären Menschen gegangen bin und einen geschlechtsneutralen Namen haben möchte.“ Das Musikprojekt bleibe jedoch Felix Jaehn, „das wäre viel zu kompliziert, alles zu ändern. Aber wenn du mich ansprichst, darfst du gerne Fee sagen.“ Der Artistname sei in der Selbstbetrachtung „immer mehr zu einem Artistprojekt, einer Kunstfigur, einer öffentlichen Person“ geworden. „Ich kann das ein bisschen vom Privaten abtrennen. Alles, was in Felix Jaehn reingeht, ist auch ehrlich und authentisch, aber es muss nicht alles rein und ich habe auch andere Projekte.“ „dey/denen“ seien Fees Pronomen oder „die Leute können auch einfach den Namen benutzen, um zu zeigen, dass sie es versuchen und mich respektieren“.
Und wie waren die Reaktionen auf Jaehns neues Auftreten? „Ich habe über das letzte Jahr gemerkt, in dem ich so angefangen habe, auch weiblich gelesene Sachen zu machen und mehr politische Statements zu äußern, dass ich mit jedem Post ein paar Hundert FollowerInnen verliere“, erzählte Fee im „Süß und deftig“-Interview. Dadurch hätten sich aber auch die meisten Hater und deren Kommentare von alleine erledigt. „Die sind einfach nicht mehr auf meiner Seite, wofür ich dankbar bin, weil die haben auch auf meinen Shows nichts verloren. Also können die ruhig gehen.“ In der kommerziellen Musikindustrie gebe es noch viel toxische Maskulinität. Einer von Jaehns Antriebe sei es deshalb, „weiter Gas zu geben und die Plattform zu nutzen, auch andere Leute mitzuziehen“ und etwa durch die Gründung eines Labels, queere Freunde mit auf die Reise zu nehmen. „Ich finde meine Position in der Szene und komme ganz gut darauf klar.“ Im Privaten müsse Jaehn dann manchmal in die „links-queer-feministische Bubble abdriften, um mich selber aufzuladen und weiter zu wachsen“.
Felix Jaehn nimmt sich Zeit, um zu heilen
Am Tag vor seinem 30. Geburtstag veröffentlichte Jaehn einen bewegenden Post auf Instagram: Schon seit einiger Zeit habe Jaehn „verheimlicht, dass es mir innerlich nicht gut geht“. Das „Ausmaß des Schmerzes“ sei dem Musiker selbst erst bewusst geworden, nachdem Jaehn professionelle Hilfe in Anspruch nahm. Derzeit sei der DJ daher „zu verletzlich, um aufzutreten“. Alle künftig geplanten Auftritte sind bis auf weiteres abgesagt. Es sei an der „Zeit, sich auszuruhen. Es ist Zeit zu heilen“.