So manches Kind hätte den bonbonfarbenen Falter wohl gern als Haustier. Forscher fasziniert am Dryocampa-Pfauenspinner vor allem ein Gen. Hier zeigt sich die Ausbildung von Arten am lebenden Objekt.
Apartes Rosa kombiniert mit einem flauschigen, bananengelben Rückenpelz: Bestimmte Schmetterlinge sehen aus wie von Kindern gemalte Fabelwesen. Zusammen mit einem unauffälliger gefärbten Verwandten ist das geflügelte Erdbeer-Sahne-Bonbon ein faszinierendes Beispiel für die Bildung von Arten, wie ein Forschungsteam im Fachmagazin „Proceedings B“ der britischen Royal Society berichtet.
So hübsch der Falter Dryocampa rubicunda mit seinen zarten Farben und der wilden Löwenmähne aussieht: Zu sehen bekommt man ihn nur nachts. Die enge Verwandtschaft der in unauffälligeren Brauntönen gehaltenen Pfauenspinner-Gruppe Anisota zeigt sich hingegen am Tag.
Disco im Erbgut
Beteiligt sei daran das sogenannte Disco-Gen, erläutert die Gruppe um den US-Forscher Yash Sondhi, der die Studie an der Florida International University und am Florida Museum of Natural History durchführte. Es beeinflusse den Tag-Nacht-Rhythmus von Insekten und sei bei den beiden Faltern unterschiedlich aktiv.
Sehr wahrscheinlich seien Veränderungen im Disco-Gen eine Ursache dafür gewesen, dass die heutigen Dryocampa-Falter auf Nachtflug umstellten und damit aus ursprünglich einer Art zwei wurden. Bei Anisota-Schmetterlingen sind die Weibchen in der Dämmerung und am frühen Abend aktiv, die Männchen lieber am Tag, wie die Forschenden schreiben.
Gerade erst getrennt
Dass sich die ursprüngliche Art aufspaltete, ist in evolutionären Maßstäben noch gar nicht lange her: „nur“ etwa 3,8 Millionen Jahre. Heute zählen die entstandenen Spezies zu den kleinsten Pfauenspinnern Nordamerikas.
Vielfach bilden sich neue Arten dadurch, dass Populationen geografisch isoliert werden – etwa durch eine Gebirgskette. Sie entwickeln sich getrennt voneinander weiter und verlieren schließlich die Fähigkeit, über Kreuz fortpflanzungsfähige Nachkommen zu zeugen.
Die Vorgänger von Dryocampa und Anisota lebten hingegen im selben Gebiet. Wie kommt es in solchen Fällen zur Aufspaltung von Arten?
Eine Frage der Gene
Sondhi vermutete zunächst Unterschiede im Farbensehen als eine Grundlage der Trennung in tag- und nachtaktive Tiere. Die aber gab es nicht – stattdessen aber Abweichungen bei den sogenannten Uhrengenen, die den Tag-Nacht-Rhythmus von Pflanzen und Tieren steuern.
Die an- und abschwellende Menge von ihnen gebildeter Proteine bewirkt, dass die Zellen entweder aktiv werden oder ruhen, wie die Forschenden erklären. Die Gene beeinflussen im Körper alles, von Stoffwechsel und Zellwachstum bis hin zu Blutdruck und Körpertemperatur.
Sondhi und seinem Team zufolge investierten die bonbonfarbenen Nachtfalter mehr Energie in ihren Geruchssinn, die tagaktive Verwandtschaft hingegen mehr in Gene, die mit dem Sehvermögen in Verbindung stehen.