Der Landesrechnungshof hat die Landesregierung aufgefordert, sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Das Land gebe abseits der Sonderhaushalte für Notlagen zu viel Geld aus.
Der nordrhein-westfälische Landesrechnungshof schlägt Alarm: Auch im vierten Jahr seit Inkrafttreten der Schuldenbremse habe sich der Schuldenstand des Landes durch die Aufnahme von Notlagenkrediten auf einen neuen Rekordstand von 164,4 Milliarden Euro weiter erhöht. „Diese Verschuldung kommt Nordrhein-Westfalen teuer zu stehen“, prophezeite die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Brigitte Mandt, zur Veröffentlichung des Jahresberichts.
Das hohe Ausgabenniveau verursache eine strukturelle Unterfinanzierung des Haushalts. Die Tilgungsausgaben für die 2020 bis 2023 aufgenommenen Notlagenkredite würden über Jahrzehnte beträchtliche Haushaltsmittel binden, kritisierte Mandt. Zudem stiegen die Steuereinnahmen nicht mehr im gleichen Umfang wie in den Vorjahren und blieben deutlich hinter den bisherigen Erwartungen zurück. Ziel müsse es sein, die Ausgaben dauerhaft durch die laufenden Einnahmen zu decken.
Bereinigt um Notlagen-Effekte lagen die Ausgaben 2023 bei 95,8 Milliarden Euro. Damit seien sie seit 2019 um 22,3 Prozent gestiegen. Rund 63 Prozent des Anstiegs gehen auf den größten Ausgabenblock, konsumtive Transferausgaben, zurück. Ende 2023 habe das Land daneben einen Bestand zu tilgender Notlagenkredite von rund 20,8 Milliarden Euro angehäuft.
Pro-Kopf-Verschuldung nur leicht gestiegen
Die Pro-Kopf-Verschuldung sei – auch im Vergleich zu den meisten anderen Flächenländern – weiterhin sehr hoch. Allerdings stieg sie 2023 im Vergleich zum Vorjahr nur leicht um acht Euro auf 9.070 Euro. Der Anteil der Verschuldung am Bruttoinlandsprodukt Nordrhein-Westfalens nahm sogar ab: von 22 Prozent im Jahr 2020 auf 19,6 Prozent im Jahr 2023.
Nach den Ergebnissen der Mai-Steuerschätzung 2024 werden die Steuereinnahmen in diesem Jahr um 1,2 Milliarden Euro hinter den Ansätzen des Haushaltsplans zurückbleiben, für 2025 bis 2028 sogar um insgesamt 3,7 Milliarden Euro.
Daher müsse das Ausgabenniveau nachhaltig abgesenkt werden. Alle Aufgaben und Ausgaben des Landes gehörten auf den Prüfstand. Nur durch einen dauerhaft strukturell ausgeglichenen Haushalt könnten finanzielle Handlungsspielräume entstehen. Daneben stießen die Rechnungsprüfer auf etliche Beispiele für fragwürdigen Umgang mit Steuergeldern.
Außerdem deckten die Rechnungsprüfer eine Buchhaltungslücke von 820.000 Euro auf. Um diesen Betrag stimmten die Bücher nicht mit der Haushaltsrechnung überein. Tatsächlich handele es sich aber nicht um einen Fehlbetrag, erläuterte die Behörde auf Nachfrage. Zu niedrig angesetzte Ausgaben von 194.000 Euro stünden zu hoch angesetzte Ausgaben von 625.000 Euro gegenüber. Tatsächlich waren damit 431.000 Euro mehr in der Kasse als angegeben.
Förderprogramm Moderne Sportstätte
Für die Abwicklung des 300 Millionen Euro schweren Förderprogramms „Moderne Sportstätte 2022“ sei die NRW.BANK mit der verwaltungsmäßigen Abwicklung beauftragt worden. Dafür habe das Land ihr rund 2,6 Millionen Euro im Jahr 2021 bezahlt. Die Kosten für landeseigenes Personal hätten demgegenüber lediglich rund 1,6 Millionen Euro betragen.
Außerdem habe die landeseigene Förderbank die ihr übertragenen Aufgaben teilweise nicht ordnungsgemäß erledigt, sondern eigenmächtig Vorgaben des Landes ignoriert. So seien über die beantragten und bewilligten Maßnahmen hinaus Zuwendungen in Höhe von 6,3 Millionen Euro bewilligt worden. Damit sei das Budgetrecht des Parlaments verletzt worden.
Trainingszentren der Polizei
Das NRW-Innenministerium habe am Bau von zwölf regionalen Trainingszentren der Polizei festgehalten, obwohl sich schon früh gezeigt habe, dass diese nicht ausgelastet sein würden. Der Rechnungshof habe vergeblich ein Controlling der Auslastung empfohlen. Der Bau aller zwölf Zentren verstoße gegen die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.
Asservate
Nur 3 von 19 Staatsanwaltschaften im Land hatten einen vollständigen Überblick über ihre Asservate, fanden die Rechnungsprüfer heraus. Entgegennahme, Verwertung und Vernichtung der Asservate könnten deutlich kostengünstiger gestaltet werden.
Schauspielhaus
Die Kosten für die Sanierung des Schauspielhauses Düsseldorf hätten sich von 6,5 Millionen auf 21,5 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Über zehn Millionen Euro habe das Land aufgebracht. Kostenermittlung und Projektplanung seien aber mangelhaft gewesen. Zudem habe die Bezirksregierung die Voraussetzungen für die Zuwendungen nicht geprüft.
Straßenbau
Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen habe den Kosten-, Leistungs- und Terminrahmen bei einem Großteil der Straßenbaumaßnahmen nicht eingehalten. Die ursprünglichen Auftragssummen wurden bei 83 Prozent von knapp 300 untersuchten Bauverträgen überschritten. Insgesamt ergaben sich Mehrkosten in Höhe von 101 Millionen Euro. Dies entspreche einer durchschnittlichen Verteuerung von rund 30 Prozent.
Die Leistungsverzeichnisse seien regelmäßig ungenau und unvollständig. Die mit den Baufirmen ursprünglich vereinbarten Bauzeiten wurden in 73 Prozent der untersuchten Fälle zum Teil deutlich überschritten.