Direktdemokratische Verfahren: Verein Mehr Demokratie kritisiert Reform bei Bürgerbegehren

Die Schweiz ist für viel Direktdemokratie berühmt. Aber auch in Hessen können Bürger mitunter etwa über den Bau einer Umgehungsstraße abstimmen. Werden solche Möglichkeiten hier künftig eingeschränkt?

Nach Einschätzung des Vereins Mehr Demokratie könnte zukünftig in Hessen mehr als jedes zehnte Bürgerbegehren wegfallen. Landesvorstandssprecher Matthias Klarebach erklärte in Wiesbaden: „Die geplante Reform der Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Hessen stellt einen starken Einschnitt in die Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger dar.“ Es gebe eine nicht zu begründende Angst vor direkter Demokratie in Kommunen. Klarebach kritisierte: „Die Landesregierung begibt sich mit ihrer Reform auf einen Irrweg.“ 

Im Koalitionsvertrag der seit Januar 2024 amtierenden schwarz-roten Landesregierung heißt es zu direktdemokratischen Verfahren in Kommunen: „Zudem werden wir unter anderem die hessische Gemeindeordnung (HGO) ändern, damit Bürgerbegehren wichtige Infrastrukturprojekte in ihrer zügigen Realisierung nicht gefährden.“ 

Laut dem Verein Demokratie sollen künftig in Hessen direktdemokratische Verfahren zu Themen ausgeschlossen werden, die „im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind“. 

Keine Bürgerbegehren mehr zu Umgehungsstraßen?

Damit wären nach Klarebachs Worten etwa Bürgerbegehren zu Umgehungsstraßen nicht mehr möglich: „Gerade diese Entscheidungen sind aber sehr weitreichend und werden auf Jahrzehnte getroffen.“ Bürgerbegehren seien ein rechtssicheres Verfahren, um Streit in Gemeinden schnell beizulegen und Planungssicherheit zu schaffen. „Wer Schlichtungswege abschafft, verhindert keine Konflikte“, ergänzte Klarebach. 

Der Bundesgeschäftsführer von Mehr Demokratie, Alexander Trennheuser, erklärte mit Blick auf eine Einschränkung von Bürgerbegehren, das sei in einer Zeit, in der die Demokratie und ihre Institutionen von vielen infrage gestellt würden, das falsche Signal: „Die Hürden zu senken, statt sich abzuschotten, das wäre der richtige Weg.“