Vor gut einem Monat hat der Landtag grünes Licht für eine umstrittene Analyse-Software für bayerische Ermittler gegeben. Bereit ist das Programm – benutzt wurde es bislang aber nicht.
Gut einen Monat nach der nötigen Gesetzesänderung durch den Landtag ist Bayerns umstrittene neue Polizei-Software noch nicht im Einsatz. Das Analyse-Programm sei zwar „grundsätzlich betriebsbereit“, sagte ein Sprecher des bayerischen Landeskriminalamts (LKA). Bevor die Ermittler es zum ersten Mal benutzen, müsse aber der Landesdatenschutzbeauftragte sechs Wochen Zeit für eine Stellungnahme bekommen. So sei es im Polizeiaufgabengesetz (PAG) vorgesehen. „Diese Frist wird derzeit noch abgewartet“, sagte der LKA-Sprecher.
Ausnahmeregelung greift bisher nicht
Nur bei Gefahr in Verzug dürften die Ermittler den Datenschutzbeauftragten auch erst im Nachhinein über den Einsatz informieren, sagte der LKA-Sprecher. „Dieser Fall ist aber noch nicht eingetreten.“
Laut Landeskriminalamt soll die Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA) in Fällen schwerer und schwerster Kriminalität zum Einsatz kommen, um mögliche weitere Straftaten zu verhindern. Beispiele sind organisierter Drogenhandel, Telefonbetrügerbanden, Terroranschläge und Sexualdelikte sowie Kinderpornografie.
Software soll auf Millionen Daten zugreifen
VeRA soll dazu auf Millionen Daten aus allen Töpfen der bayerischen Polizei zugreifen, damit Ermittler sie durchsuchen und analysieren können. Dafür werden unterschiedliche Dateiformate in ein gemeinsames übersetzt. So können Ermittler Verbindungen erkennen und Informationen zur selben Person aus den verschiedenen Quellen zusammenführen. Bisher müssen Ermittler dafür mehrere Systeme auswerten und die Ergebnisse nebeneinander legen – teils dauert allein diese Auswertung mehrere Tage.
Kritik an der Einführung der Software entzündete sich zum einen an der Befürchtung, durch den US-Hersteller Palantir könnten Polizei-Daten in die USA abfließen. Nachdem eine Prüfung des Quellcodes der Software keine Hinweise auf versteckte Hintertüren brachte, kritisierten Datenschützer vor allem den Zugriff auf Daten, die die Polizei zu völlig unterschiedlichen Zwecken gesammelt hatte.
Bayerns oberster Datenschützer, Thomas Petri, sah deshalb das sogenannte Zweckbindungsgebot in Gefahr. Die SPD im bayerischen Landtag erwägt eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Sprecher der Landtags-Grünen für Digitales, Benjamin Adjei, forderte das Innenministerium auf, nicht nur mit dem Einsatz der Software bis zu Petris Stellungnahme zu warten, sondern auch dessen Kritik am Programm ernstzunehmen. „Die Kritik, die Datenschutzbeauftragter Petri in der Anhörung zum Gesetzentwurf geäußert hatte, hat die Staatsregierung bisher einfach nur ignoriert“, kritisierte Adjei.