Justiz: Etwas weniger Haftbefehle vollstreckt im ersten Halbjahr

Es sind Menschen, die Bußgelder nach kleineren Verkehrsdelikten nicht bezahlt haben. Andere haben ihre Haft nicht angetreten. Tausende Haftbefehle ergehen jedes Jahr im Land – viele sind offen.

Ob per Zufall erwischt, selbst gemeldet oder nach gezielter Fahndung: Im ersten Halbjahr 2024 sind rechnerisch pro Tag knapp 17 Haftbefehle vollstreckt worden. Insgesamt waren es von Januar bis Juli 3.054 und damit fast 500 weniger als noch im Vorjahreszeitraum mit 3.507 vollstreckten Haftbefehlen. Das teilte das Landeskriminalamt in Magdeburg auf Nachfrage mit. Datengrundlage sind Auswertungen des Bundeskriminalamts.

Neben den vielen vollstreckten Haftbefehlen gibt es Tausende offene. Zum 1. Juli 2024 waren das den Angaben zufolge 2.694 und damit etwas weniger als noch ein Jahr zuvor (2.710).

Dabei können sich mehrere Haftbefehle auf eine Person beziehen, machte das LKA deutlich. Zudem handele es sich bei den Zahlen um eine Momentaufnahme, denn es werde täglich vollstreckt und die Fahndungsnotierung nach der Person umgehend gelöscht. Gleichzeitig würde neuen Haftbefehle erlassen und Personen zur Fahndung ausgeschrieben.

Viele offene Haftbefehle wegen Ordnungswidrigkeiten

Am häufigsten bestehen Haftbefehle wegen Verstößen gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz. Dabei geht es um eine sogenannte Erzwingungshaft. Menschen bezahlten Bußgelder nicht, etwa wegen Verkehrsvergehen vom Falschparken bis zum Fahren unter Alkohol, erklärte eine LKA-Sprecherin. Nach Mahnungen könne der Haftbefehl mit dem Ziel der Erzwingungshaft stehen, denn Ordnungsgelder müssten gezahlt werden.

So meldete die Polizei im Salzlandkreis im April, dass sie einen Mann mit 17 Haftbefehlen in Bernburg erwischt hat. Die Beamten trafen den 57-Jährigen an seiner Wohnanschrift, hieß es. Er konnte die insgesamt 334 Euro bezahlen, die ihn vor dem Aufenthalt im Gefängnis bewahrten.

Haftstrafe nicht angetreten

Auch Haftbefehle im Zusammenhang mit Diebstahl und Unterschlagung sind nicht selten. An Platz 3 der häufigsten Delikte stehen laut LKA Betrug und Untreue. In diesen Fällen geht es laut dem Sprecher der Generalstaatsanwalt Naumburg, Klaus Tewes, um den Antritt einer Haft. Die Personen seien verurteilt und seien nicht freiwillig zum Gefängnis gekommen. Dann werde per Haftbefehl nach ihnen gesucht.

Wieder ein Beispiel: Ende April kontrollierte eine Streife der Bundespolizei eine betrunkene 27 Jahre alte Frau im Hauptbahnhof Dessau. Eine Überprüfung im Fahndungssystem der Polizei ergab, dass sie gleich von mehreren Staatsanwaltschaften gesucht wurde unter anderem im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung. Zudem war sie wegen Schwarzfahrens verurteilte und hatte weder gezahlt noch die Haft angetreten. Der nächste Weg führte die Frau in ein Gefängnis.

Gegen verurteilte Mörder gab es zum 1. Juli 2024 in Sachsen-Anhalt fünf offene Haftbefehle, ebenso viele wie ein Jahr zuvor. Die Zahl der offenen Haftbefehle wegen Totschlags lag bei sechs und damit einem weniger als Mitte 2023.