In Bayern sind aus der Psychiatrie Straubing vier gefährliche Straftäter entkommen. Mit Gewalt haben sie erreicht, dass ein Mitarbeiter ihnen die Tür öffnet.
Großeinsatz der Polizei: Nach der Flucht von vier Straftätern aus einer geschlossenen Klinik in Straubing dauern die Fahndungsmaßnahmen an. „Mit Hochdruck“ werde nach den Männern gesucht, sagte ein Polizeisprecher am Sonntagabend. Kripo und Staatsanwaltschaft ermittelten wegen Verdachts auf Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung. Die Flüchtigen im Alter von 27, 28 und 31 Jahren gelten laut Polizei als gefährlich. Sie entkamen am Samstagabend aus dem Bezirkskrankenhaus (BKH).
Drei der vier aus einer geschlossenen Einrichtung in Straubing geflohenen Straftäter waren nach Behördenangaben zuvor bereits auffällig geworden. Bei ihnen sollte der Abbruch der Therapie angeregt werden, teilte am Abend eine Sprecherin des Bezirkes Niederbayern mit. Einer der Männer habe vor Kurzem einen sogenannten Lockerungsmissbrauch begangen. Details hierzu waren zunächst nicht bekannt.
PAID Hacker BKA-Fahndung 09.26Die Männer befänden sich aufgrund von Eigentums- und Betäubungsmitteldelikten im Maßregelvollzug des Bezirksklinikums. Dort sollen sie einen Mitarbeiter bedroht, attackiert und festgehalten haben, um die Öffnung der Pforte zu erzwingen. Dabei hätten sie stumpfe und spitze Gegenstände verwendet. Der Mann habe Verletzungen im Gesicht erlitten und werde in einer Klinik stationär behandelt, sagte die Polizeisprecherin. Danach seien die vier Männer zu Fuß geflohen.
Fahndung in Bayern mit 100 Polizisten
Im Maßregelvollzug sind Menschen untergebracht, die aufgrund von Schuldunfähigkeit oder verminderter Schuldfähigkeit – etwa wegen einer psychischen Erkrankung oder einer Suchtkrankheit – nicht in den Strafvollzug und somit nicht in ein Gefängnis kommen.
Rund 100 Beamte hätten in der Nacht nach den Männern gefahndet. Auch ein Hubschrauber und Suchhunde seien im Einsatz gewesen. Nähere Angaben zur Fahndung, etwa ob Angehörige der Flüchtigen befragt würden, wollte die Polizeisprecherin unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.
Bürgerinnen und Bürger wurden aufgerufen, keine Anhalter mitzunehmen und sich verdächtigen Personen nicht zu nähern. Stattdessen sollten sie den Polizeinotruf 110 wählen. Die Ermittler setzten auf die Mithilfe der Bevölkerung. Zahlreiche Zeugenhinweise seien eingegangen und würden ausgewertet. Immer wieder kämen Hinweise, sagte am Abend ein Sprecher. Leider habe noch keiner zu einem Erfolg geführt.
Ministerin fordert Konsequenzen wegen Straubing
Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) forderte am Sonntag eine detaillierte Aufarbeitung des Vorfalls sowie Konsequenzen. „Es kommt alles auf den Prüfstand. Vom Maßregelvollzug darf keine Gefahr für die Bevölkerung und die Mitarbeiter in den forensischen Kliniken ausgehen“, teilte sie mit. „Die Sicherheit und der Schutz der Bevölkerung haben oberste Priorität.“
Mutter wirft in Berlin aus Fenster 17:30Die Sicherheitskonzepte in den Einrichtungen müssten bayernweit verschärft und verbessert werden, so die Ministerin. Dazu gehöre die Weiterentwicklung von Geisellage-Szenarien und Schulungen für die Mitarbeiter. Es müsse auch geprüft werden, ob in bestimmten Fällen Therapieabbrüche und eine Überstellung in die Justizvollzugsanstalten schneller rechtssicher stattfinden können. „Solche Ausbrüche dürfen nicht wieder passieren.“
Sorge nach Flucht aus Psychiatrie
Die Ministerin sagte weiter: „Ich kann die Sorgen und die Unsicherheit der Bürgerinnen und Bürger in dieser Ausnahmesituation nachvollziehen. Bitte beachten Sie die Hinweise der Polizei und verhalten Sie sich weiter ruhig und besonnen.“
Das Bezirkskrankenhaus Straubing ist nach eigenen Angaben eine Fachklinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie und erfüllt den gesetzlichen Auftrag des Maßregelvollzuges unter der Trägerschaft des Bezirkes Niederbayern. Es gibt 230 Therapieplätze.
Volksfest-Trubel in der Stadt
In der 50.000-Einwohner-Stadt Straubing sind momentan ohnehin viele Polizisten im Dienst: Es läuft das Gäubodenvolksfest, das mit rund 1,3 Millionen Besuchern binnen gut zehn Tagen als zweitgrößtes Volksfest Bayerns nach dem Oktoberfest gilt. Entsprechend sind Tausende Festbesucher und Nachtschwärmer unterwegs. Für sie besteht laut Polizei keine Gefahr.
Erst vergangene Woche war ein Insasse des Bezirkskrankenhauses Mainkofen im niederbayerischen Deggendorf geflohen – allerdings während eines begleiteten Freigangs. Der Mann entkam seinen Begleitern während eines Kinobesuchs in Plattling und wurde knapp acht Stunden später von der Polizei gefasst und in die Klinik zurückgebracht. Der Vorfall werde weiterhin intensiv aufgearbeitet, teilte eine Bezirkssprecherin mit.
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