Wenig überraschend platzt die Letzte Generation mit Blockaden an deutschen Flughäfen in die Hochsommersaison. Eigentlich richtig – und trotzdem voll daneben.
Eines muss man ihr lassen: Die Letzte Generation hat mit ihren jüngsten Klimaprotesten an deutschen Flughäfen wieder einen Nerv getroffen. Es ist Sommer, die meisten Bundesländer haben Ferien, Tausende reisen mit dem Flieger in den Urlaub. Nur, wer am Donnerstagmorgen von Berlin/Brandenburg, Stuttgart, Nürnberg oder Köln/Bonn losdüsen wollte, der musste erst an den Klimaklebern vorbei.
Es war der bisherige Höhepunkt einer mehr als zweiwöchigen Protestwelle, bei der die Letzte Generation Flughäfen in ganz Deutschland ins Visier genommen hat. Frankfurt, Bremen, Dortmund, Sylt, sie alle waren nacheinander dran gewesen. Nun schlugen die Klimaaktivisten an vier Orten gleichzeitig zu.Masse statt Kleber – „ungehorsame Versammlung“ der letzten Generation in Leipzig20.55
Innenministerin Nancy Faeser schalt die Klimarevoluzzer „kriminell“, „gefährlich“ und „dumm“. Aber die Aktivisten öffentlich an den Pranger zu stellen, nützt herzlich wenig. Zumal man nach den Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr mit Rollfeldblockaden der Klimaaktivisten rechnen muss. Und sollte es die Letzte Generation auch in den kommenden Jahren noch geben … der Fall ist klar.
Fragt sich nur, was das alles noch bringt.
Die Klimaproteste haben kaum noch mit den Bürgern zu tun
Klar, die Aktivisten wollen aufrütteln und dort bohren, wo es am meisten wehtut. Und nachdem sie den klebrigen Straßenprotesten entsagt haben, müssen natürlich die Flughäfen herhalten. So weit, so logisch.
Zu glauben, dass die Deutschen auf Reisen verzichten, ist aber weltfremd. Der Autoverkehr ist wegen der Straßenproteste der vergangenen zwei Jahre nicht weniger geworden. Warum sollte es mit den Blockaden an Flughäfen anders sein? Das Angebot bestimmt die Nachfrage. Solange es Billigflüge und Billigkraftstoff im Überfluss gibt, wird auch weiter billig geflogen, billig gefahren, billig eingekauft. Dagegen sind Klimaaktivisten machtlos.IV Jahrestag Klebeaktion Letzte Generation14.21
Im Februar hatten sie einen Strategiewechsel angekündigt, wonach sie bei größeren Straßenprotesten die Bevölkerung zum Mitmachen motivieren wollten. Mit diesen „Bottom-up“-Protesten sollte das Klima gerettet werden. Ein kluger Vorsatz, doch Monate später steckt die Letzte Generation in nach Aufmerksamkeit heischenden Mustern fest.
Die Aktivisten beschmieren Sehenswürdigkeiten (Bremer Stadtmusikanten und Elon Musks Cybertruck), verbrennen Abiturzeugnisse vor dem Schloss Bellevue, mischen Wahlpartys auf, tapezieren Banken mit Klimamahnungen, appellieren an Steinmeier und die Ampel. Nichts davon hat mit den Bürgern zu tun. Wer solche Aktionen auf der Straße beobachtet, der findet sie bestenfalls kurios, schlimmstenfalls nervtötend und sinnlos.
Das ist tragisch, denn was die Klimaaktivisten wollten, war ein „Wir (Aktivisten und Zivilgesellschaft) gegen Klimapolitik und Wirtschaftslobby“. Was die Aktivisten mit ihren Flughafenprotesten aber weiter provozieren, ist ein „Wir (Aktivisten) gegen den Rest der Welt (alle, auch die Zivilgesellschaft)“. Das motiviert nicht, sondern stößt ab.
Die Letzte Generation braucht einen Plan
Die Bürger wissen ohnehin Bescheid. Dass unser Lebensstil lebensbedrohlich ist, ist längst bekannt. Nur vielleicht sollten sich die Aktivisten langsam eingestehen, dass die fossile Ignoranz weit tiefer wurzelt als unser Willen zu Veränderungen.Letzte Generation PK neue Protestwelle 15.32
Wenn noch nicht einmal Temperaturrekorde im Monatstakt und sintflutartige Regenfälle die Klimawut der deutschen Bürger befeuern können, wie soll es dann eine Gruppe Idealisten schaffen? Mit ihren täglichen Entscheidungen positionieren sich die Menschen immer wieder neu gegen den Klimaschutz. Es ist bitter, aber wahr.
Die ersten Aktivisten haben das schon eingesehen: In Berlin haben die Hungerstreikenden nach Monaten ihr Protestcamp abgebrochen und auch der österreichische Ableger der Letzten Generation gibt auf, weil den hartgesottenen Aktivisten mittlerweile die Perspektive fehlt.
Man kann die Mitstreiter in Deutschland dafür bewundern, dass sie trotzdem weitermachen. Heldenhafter wäre es aber, die Niederlage einzugestehen. Oder einen sinnvollen Plan zu erarbeiten. Denn so, wie es jetzt läuft, degradieren sich die Aktivisten endgültig zur Randnotiz.