Brandenburgs Wirtschaftsminister, zuständig für die Tesla-Gigafactory, findet scharfe Worte für Elon Musks jüngste populistische Aussagen. Auf einmal? Das kommt reichlich spät.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach hat die Äußerungen von Tesla-Chef Elon Musk im Kontext der jüngsten rechtsextremen Krawalle in London scharf kritisert: „Ich halte seine Äußerungen nicht nur für falsch, sondern sie untergraben aktiv das Gefüge unserer deutschen und europäischen Gesellschaft“, sagte der SPD-Politiker dem „Handelsblatt“. Dass Musk mit protestierenden Rechtsextremen sympathisierte und auf X schrieb, ein Bürgerkrieg sei nun unausweichlich, geht Steinbach jetzt, kurz vor den Landtagswahlen, zu weit.
Doch sich erst jetzt zu echauffieren, kommt reichlich spät und ist schlicht heuchlerisch.
Als Elon Musk Ende 2019 bei der Verleihung des goldenen Lenkrades verkündete, dass er eine Tesla-Gigafabrik vor den Türen Berlins bauen wolle, waren alle freudig erregt.
Die erste E-Auto Fabrik. In Brandenburg! Die hiesigen Sozialdemokraten waren berauscht von ihrem Coup, den Milliardär für sich gewonnen zu haben. Mithilfe von Musk wolle man den Klimawandel bekämpfen, mehr Arbeitsplätze in die strukturschwache Region bringen. Vor allem der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, SPD, platzte beinahe vor Stolz, als er der Reihe nach Musks Gigafactories aufzählte: „Kalifornien, Shanghai, Grünheide!“ Steinbach sah sich ab dem Zeitpunkt als global Player. Er rühmte sich, wie gut er mit Elon Musk auskäme.
Auch der brandenburgische SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke versprach, dass für Musk die Fabrik in rasantem Tempo hochgezogen werde. In einem Jahr, das müsse möglich sein. Dass sich normalerweise ein Genehmigungsverfahren über Jahre hinzieht, wollten sie Musk nicht zumuten.
Neu sind Elon Musks Ansichten nicht
Dabei hat die Brandenburger Politik genau gewusst, wes Geistes Kind Musk schon damals war. Schließlich hat der Tech-Milliardär nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er unbedingt und um jeden Preis sein Business nach vorne bringen will. Dazu hat er auch immer die Nähe zur Politik gesucht. Egal von welcher Partei. So verwundert es nicht, dass Musk 2017 einer von Donald Trumps wirtschaftlichen Beratern wurde. Es gibt ein Foto von ihm mit Trump. Steve Bannon, damals Chef der ultrarechten Website „Breitbart“ und Chefstratege im Weißen Haus, ist auch darauf.
Die Beziehung zwischen Trump und Musk hielt allerdings nicht lange. Trump kündigte das Pariser Klimaabkommen auf. Damit war klar: Der Republikaner setzt doch lieber auf fossile Energie. Musk erkannte: Trump hat so wohl keinen Nutzen mehr für mich.
Trotz alledem hat die Brandenburger Politik Kritik an Musk nie zugelassen. Er sei halt etwas neurotisch. Steinbach dachte wohl, dass seine Beziehung zu Musk verlässlicher sei als Trumps. Der Wirtschaftsminister erzählte allen immer gerne, wie eng der Kontakt sei und dass sie regelmäßig miteinander telefonierten.
Als es mal Stress wegen baulicher Verzögerungen beim Tesla-Werk gab, begleiteten wir Steinbach für eine Reportage von seinem Dienstbüro in Potsdam nach Grünheide zur Baustelle. Der SPD-Politiker fuhr in seiner Dienstlimousine, mit Döner und Berliner Kindl auf der Rückbank, zu Musk. So hat Steinbach versucht, die Launen des Autobauers zu besänftigen.
Elon Musk kann keiner steuern
Der 53-Jährige hat sich öffentlich, in regelmäßigen Abständen, immer weiter nach rechts positioniert: Er wetterte gegen die Flüchtlinge an der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Er kritisierte Europa für dessen Flüchtlingspolitik, nannte die Flüchtlinge eine Invasion und äußerte sich wohlwollend zur AfD. Deren Aussagen seien nicht extremistisch.
Ich habe mich immer gefragt, wie die Sozialdemokraten das tolerieren und ihn weiter hofieren konnten. Allein die Aussage zur AfD: Immerhin ist sie die stärkste Konkurrenz der SPD bei den kommenden Landtagswahlen. Und seit Juni 2020 steht die Partei unter Beobachtung des Verfassungsschutzes wegen des Verdachts auf rechtsextreme Bestrebungen.
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Doch die Sozialdemokraten haben lange über Musks rechte Positionen hinweggesehen. Auch darüber, dass die Arbeitsbedingungen in der Teslafabrik katastrophal sind. Dass Musk keine Gewerkschaft in seiner Fabrik haben möchte.
Sie bagatellisierten gar die Umweltverstöße der Tesla-Fabrik im Trinkwasserschutzgebiet. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, dass es nach nur zwei Jahren Produktion schon vereinzelt Giftstoffe im Grundwasser gibt.
Dass Steinbach Musk nun attackiert, hat vermutlich auch mit der Enttäuschung zu tun, dass die Geschäfte mit dem Milliardär dann doch nicht so gelaufen sind, wie erhofft. Denn den weiteren Ausbau seines Werkes knüpft Tesla an den Absatzmarkt. Ob es jemals die angekündigten 40.000 Arbeitsplätze geben wird? Fraglich.