Eine sechsköpfige Familie bekommt eine Einmalzahlung der Stadt Kassel zur Minderung gestiegener Energiekosten. Das Jobcenter kürzt daraufhin deren Hartz-IV-Leistung. Zu Unrecht, entschied ein Gericht.
Die wegen gestiegener Energiekosten gewährte Einmalzahlung der Stadt Kassel in Höhe von 75 Euro mindert nicht die Grundsicherungsleistung. Das hat das Hessische Landessozialgericht laut Mitteilung entschieden.
Bei der Berechnung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende seien Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, entschieden die Darmstädter Richter.
Dies gelte jedenfalls, wenn diese Zuwendungen die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben die Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären.
Stadt wollte Einwohner mit Einmalzahlung entlasten
Die Stadt Kassel hatte im Jahr 2022 beschlossen, ihren Einwohnern auf Antrag ein einmaliges Einwohner-Energie-Geld (EEG) in Höhe von 75 Euro pro Person zu bezahlen. Damit sollten die Belastungen durch die gestiegenen Energiekosten abgemildert werden.
Diese Zuwendung erhielt auch eine Familie mit vier minderjährigen Kindern. Das Jobcenter minderte daraufhin deren Grundsicherungsleistungen. Die Behörde argumentierte, das EEG diene dem gleichen Zweck wie die Leistungen nach dem SGB II und sei daher als Einkommen zu berücksichtigen.
Die betroffene Familie hingegen verwies darauf, dass es sich um eine zweckgebundene Zahlung handele. Auch nach Ansicht des Magistrats der Stadt Kassel sei eine Anrechnung des EEG grob unbillig beziehungsweise stelle sie eine besondere Härte dar, weshalb die Stadt als zuständiger Träger der Sozialhilfeleistungen die Zuwendung nicht als Einkommen anrechne.
Zuwendung ist wegen geringer Höhe nicht als Einkommen zu berücksichtigen
Das Landessozialgericht entschied nun, dass das EEG nicht als Einkommen anzurechnen sei. Es handele sich um eine Zuwendung, welche die Stadt Kassel allen Bürgerinnen und Bürgern gewährt habe, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Pflicht bestanden hätte.
Die Berücksichtigung des Energie-Geldes als Einkommen sei zwar nicht grob unbillig, weil das Jobcenter die höheren Heizkosten übernommen habe und das seit Januar 2023 gewährte höhere Bürgergeld die gestiegenen Stromkosten auffange. Allerdings sei die Lage der klagenden Familie durch das EEG nicht so günstig beeinflusst worden, dass daneben Grundsicherungsleistungen nicht gerechtfertigt wären, hieß es zur Begründung.
Als Maßstab gelte, dass die Zuwendung zehn Prozent des jeweiligen Regelbedarfs nicht übersteige. Solle eine Einmalzahlung über mehrere Monate entlasten, sei der Betrag entsprechend aufzuteilen. Im Fall der Kläger werde – selbst wenn man das EEG nur auf die Monate Oktober bis Dezember 2022 verteile – die Grenze von zehn Prozent nicht überschritten. Das Landessozialgericht ließ eine Revision zu.