Klimaaktion mitten in der Ferienzeit: Rund eine Stunde steht der Betrieb am Flughafen Nürnberg still. Zwei Klimaaktivistinnen kleben sich am Rollfeld fest. Doch die Störung dauert nicht lange.
Sie kamen durch ein selbst geschnittenes Loch im Zaun: Zwei Klimaaktivistinnen haben am Donnerstagmorgen den Betrieb am Flughafen Nürnberg zeitweise lahmgelegt.
Die beiden Aktivistinnen der Gruppe Letzte Generation drangen nach Angaben der Polizei im Morgengrauen gegen 5.30 Uhr in das Flughafengelände ein. Die beiden Frauen klebten sich mit den Händen auf dem Rollweg – der Bereich zwischen dem Vorfeld und der Start- und Landebahn – fest. Der Flugbetrieb musste vorläufig eingestellt werden.
Die Flughafenfeuerwehr löste die Verklebung; die beiden 24 und 28 Jahre Frauen wurden zunächst zur Wache der Grenzpolizeiinspektion gebracht. Sie seien mittlerweile wieder auf freiem Fuß, sagte ein Polizeisprecher.
Flugbetrieb gut eine Stunde unterbrochen
Noch am Morgen um 7.00 Uhr konnte der Flughafen den Betrieb wieder aufnehmen. Der erste Flieger sei um 7.10 Uhr wieder abflugbereit gewesen, sagte ein Flughafensprecher in Nürnberg. „Letztlich sind die Passagiere die Leidtragenden.“
Der Flugbetrieb sei für etwa eine Stunde und 15 Minuten unterbrochen gewesen. Insgesamt neun Flüge waren betroffen. Ein Flug von Frankfurt nach Nürnberg sei wegen der Aktion annulliert worden. Der entsprechende Rückflug nach Frankfurt sei damit auch gestrichen worden. Sechs Flüge hätten Verspätungen gehabt, ein Flug wurde nach Prag umgeleitet, kam aber inzwischen ebenfalls mit Verspätung in Nürnberg an. „Es läuft wieder alles nach Flugplan“, sagte der Flughafensprecher.
Loch im Maschendrahtzaun
Den Ermittlungen zufolge schnitten die Aktivisten ein Loch in den Maschendrahtzaun um das Gelände. Es sei entsprechendes Werkzeug gefunden worden. Ein dpa-Reporter vor Ort berichtete von zwei Bolzenschneidern, die nahe dem Loch im südlichen Bereich der Rollbahn entdeckt wurden.
Gegen die beiden Frauen werde nun wegen Sachbeschädigung, Nötigung und Hausfriedensbruchs ermittelt.
Aktion mitten in den Sommerferien
Die Aktion kam mitten in den bayerischen Sommerferien. In dieser Zeit gebe es deutlich mehr Flüge, nämlich zwischen 120 bis 140 Starts und Landungen gegenüber rund 80 bis 100 außerhalb der Ferienzeit, sagte der Flughafensprecher. „Bei uns ist absoluter Reisebetrieb“, sagte auch ein Polizeisprecher. Viele seien auf dem Weg in den Urlaub.
Gefahr für Leib und Leben habe es für niemanden gegeben, dennoch schaffe eine solche Aktion stets eine gefährliche Situation, erläuterte der Flughafensprecher. Nicht zuletzt herrsche in der Nähe der Turbinen von Flugzeugen Lebensgefahr – je nach Triebwerk könne das bis zu 50 Meter hinter dem Flugzeug der Fall sein, warnte der Flughafensprecher.
Innenminister: Aktion „absoluter Irrsinn“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte die Aktion scharf. „Die hochgefährlichen und radikalen Aktionen der Klima-Chaoten sind absoluter Irrsinn. Das ist alles andere als „friedlicher Widerstand“, wie von den selbsternannten Klima-Schützern immer konstatiert.“ Es sei erschreckend, wie „unbelehrbar, starrsinnig und rücksichtslos“ sie seien.
„Ihrem vermeintlichen Ziel, dem Klimaschutz, helfen sie mit solchen Blockadeaktionen am wenigsten. Stattdessen sind sie bereit, das Leben anderer zu gefährden. Neben harten Strafen muss es saftige Schadensersatzforderungen durch die Flughafengesellschaften und Flughafenbetreiber geben“, sagte der Minister.
Störaktionen bundesweit
Die Letzte Generation berichtete von mehreren Störaktionen an Flughäfen bundesweit. Je zwei Aktivisten drangen Angaben der Organisation zufolge in orangefarbenen Warnwesten auf die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Stuttgart, Nürnberg und Köln-Bonn ein.
Sie drückten „friedlich ihren Widerstand aus, indem sie Banner mit der Aufschrift „Oil kills“ und „Sign the treaty“ zur Schau stellten“, berichtete die Organisation laut Mitteilung. „Die Start- und Landebahnen wurden dabei nicht betreten.“ In Nürnberg etwa blieben sie auf dem Rollweg.
Forderung nach völligem Verzicht auf Kohle, Öl und Gas
Die Gruppe fordert radikalen Klimaschutz, darunter den völligen Verzicht auf Kohle, Öl und Gas. Sie fordern den Abschluss eines dahingehenden internationalen Vertrags. Seit Anfang 2022 organisierte die Gruppe Straßenblockaden, bei denen sich die Teilnehmer festklebten.
Zwischenzeitlich hatte sie aber angekündigt, ihre Strategie zu ändern und künftig auf Festkleben zu verzichten. Die Klimaaktivisten haben zuletzt mehrfach Störaktionen auf Flughäfen durchgeführt, Ende Juli etwa auch an Deutschlands größtem Airport in Frankfurt.
Faeser: „Diese kriminellen Aktionen sind gefährlich und dumm“
Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verurteilte die Klebeaktionen scharf. Auf der Plattform X verwies sie zugleich auf eine geplante Gesetzesverschärfung, die das Kabinett im Juli beschlossen hatte. „Diese kriminellen Aktionen sind gefährlich und dumm“, schrieb Faeser. „Wir haben empfindliche Freiheitsstrafen vorgeschlagen. Und wir verpflichten die Flughäfen, ihre Anlagen deutlich besser zu sichern.“
Die Bundesregierung will mit einer Verschärfung des Luftsicherheitsgesetzes radikale Klimaschützer und andere Störer von gefährlichen Aktionen auf Flughäfen abhalten. Kern der geplanten Reform, über die noch der Bundestag entscheiden muss, ist die Schaffung einer neuen Vorschrift, die das „vorsätzliche, unberechtigte Eindringen“ unter anderem auf das Rollfeld sowie die Start- und Landebahnen unter Strafe stellt – und zwar dann, wenn dadurch die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs beeinträchtigt wird.