Kurz vor dem Beginn der neuen Saison hat Union Berlin keinen Hauptsponsor. Einen Millionenvertrag mit dem Anzeigenportal Kleinanzeigen stoppte das Union-Präsidium kurz vor Abschluss.
Als der 1. FC Union Berlin Anfang August sein Heimtrikot für die neue Saison vorstellte, stand auf der Brust ein Platzhalter. Dort, wo die Bundesligaclubs sonst mit dem Logo eines Sponsors werben, prangte bei den rot-weißen Adidas-Shirts lediglich der Schriftzug „Berlin“ – in Großbuchstaben und mit dem i in Form des berühmten Fernsehturms am Alexanderplatz. Über den künftigen Trikotsponsor werde man „in Ruhe und Bedacht entscheiden“, ließ sich der bei Union für die Vermarktung zuständige Geschäftsführer Bernd von Geldern auf der Vereinswebsite zitieren.
Hinter den Kulissen ging es bei dem Club in Sachen Trikotsponsor dagegen zuletzt deutlich weniger ruhig zu. Nach Informationen des stern ist jüngst ein Vertrag mit einem Unternehmen kurz vor dem Abschluss geplatzt: Die Onlineplattform Kleinanzeigen wollte den freien Platz auf dem Union-Trikot übernehmen, für ein Volumen von 5 Millionen Euro im Jahr. Die Verhandlungen waren weit gediehen. Doch in den vergangenen Tagen hat das Präsidium des Clubs um Präsident Dirk Zingler den Deal gestoppt. Nun könnte der Verein ohne Hauptsponsor in die neue Bundesligasaison starten.
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Dass der lukrative Werbeplatz auf den Union-Trikots frei wird, ist bereits seit einigen Wochen bekannt. Nach der vergangenen Saison, in der Union in der Champions League spielte, war der Vertrag mit dem bisherigen Trikotpartner Paramount+ vertragsgemäß ausgelaufen. Der Streamingdienst hatte entschieden, sich aus dem deutschen Markt zurückzuziehen. Entsprechend hatte das US-Unternehmen, das zur Saison 2023/2024 das Versicherungs-Start-ups Wefox als Hauptsponsor von Union ablöste, auch kein Interesse mehr an einer millionenteuren Werbepräsenz in der Fußball-Bundesliga. Nach nur einer Spielzeit endete die Partnerschaft mit dem Club aus Köpenick.
Präsident Zingler: Union Berlin ist wählerisch
Für die Suche nach einem Nachfolger für Paramount sondierte Unions Vermarkter Sportfive deshalb schon länger den Markt. Die Sondierungen führten zu intensiven Verhandlungen mit Kleinanzeigen, Deutschlands größtem Anzeigen-Onlineportal mit aktuellem Sitz in Kleinmachnow bei Berlin, das früher zu Ebay gehörte und 2021 an den norwegischen Konzern Adevinta verkauft wurde. Nach stern-Informationen war eine Vertragslaufzeit von einem Jahr plus Verlängerungsoption vorgesehen. Von dem Volumen von 5 Millionen Euro im Jahr sollten immerhin rund zwei Drittel in bar fließen, heißt es.
Zum Thema Trikotsponsor hatte Vereinspräsident Zingler zuletzt Mitte Juli am Rande des Trainingslagers gesagt, man sei „wählerisch“ und wolle „nicht jeden“ nehmen: Es gebe „Ansprüche, was die Werte des Hauptsponsors anbetrifft“. Für den Rüstungskonzern Rheinmetall etwa, so Zingler mit Blick auf den in diesem Frühjahr bekannt gegebenen, nicht nur in Fankreisen umstrittenen Sponsorendeal von Ligakonkurrent Borussia Dortmund, würde Union jedenfalls mit Sicherheit nicht werben.
Dagegen hätte ein Trikotdeal mit Kleinanzeigen wohl kaum höhere Wellen geschlagen – mit einem bekannten Unternehmen mit Berlin-Bezug und aus einer Branche, die auch bei kritischen Fans wenig Bedenken hervorrufen dürfte. Doch dann stoppte das Clubpräsidium die Verhandlungen. Aus welchen Gründen ist nicht klar. Zu Fragen des stern teilte ein Sprecher von Union Berlin mit, man gebe „grundsätzlich keinerlei Stellungnahmen zu Zwischenständen von Gesprächen oder möglichen Gesprächspartnern“ ab. Auch Kleinanzeigen wollte sich auf Anfrage nicht äußern.
Auch der Rivale trat ohne Sponsor an
Damit könnte es dem FC Union nun so ergehen wie dem großen Stadtrivalen Hertha BSC vor einem Jahr: In die vergangene Saison ging Hertha zunächst ohne Trikotsponsor, nach einigen Spieltagen stieg dann ein Online-Wettanbieter ein. Zur Saison 2024/2025 präsentierte der Club schon wieder einen neuen Trikotpartner.
Kurz vor der Vorstellung des neuen Trikots gab sich Unions Marketing-Geschäftsführer von Geldern beim Thema Hauptsponsor allerdings demonstrativ entspannt: Derzeit beschäftige man sich „intensiv mit den Unternehmen, die bereits Interesse bekundet haben“, sagte er da. Dafür werde man sich „auch Zeit nehmen“. Und Clubpräsident Zingler dachte auch schon einmal laut über eine Option nach, die in der Bundesliga eher selten vorkommt: Vielleicht wolle man auch „ganz bewusst mit dem Trikot, auf dem Berlin auf der Brust steht, in die ersten zwei Spieltage starten“.