Nach diversen rechtsextremistischen Zwischenfällen mit dem bekannten Partyhit „L’Amour Toujours“ wird das Lied auf dem Münchner Oktoberfest verboten. „Das Lied wird nicht gespielt – weder im Zelt noch sonst irgendwo“, sagte der für die Organisation der Wiesn zuständige Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) am Montag im Bayrischen Rundfunk (BR). An Wirte und Schausteller ergehe ein klare Anweisung, das Münchner Oktoberfest sei international und weltoffen.
In Deutschland sorgt seit Tagen ein durch ein Internetvideo dokumentiertes Geschehen in einer Nobelbar auf der Nordseeinsel Sylt für Empörung, bei dem einige junge Menschen bei einer kommerziellen Pfingstfeier zu dem Partyhit die Textzeilen „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ anstimmten.
Parallel werden bundesweit immer mehr ähnliche Vorfälle auf Festen oder in anderen Zusammenhängen bekannt. In Hamburg ermittelte der Staatsschutz der Polizei nach Angaben vom Montag nach einem entsprechenden Vorkommnis beim Schlagermove am Samstag. Dort skandierten mehrere Menschen zu dem bekannten Song ausländerfeindliche Textzeilen, als dieser von einem Lastwagen des Umzugs gespielt wurde. Ein Feiernder soll zudem den Hitlergruß gezeigt haben.
In Schleswig-Holstein startete die Schulaufsicht nach Angaben des Kieler Bildungsministeriums vom Montag eine Untersuchung an einem Privatinternat bei Schleswig, weil Schüler dort am Donnerstag bei einer Party ebenfalls „Ausländer raus“ sowie „Deutschland den Deutschen“ zu dem Song mitgesungen hatten. Lehrkräfte hätten die Feier sofort abgebrochen, erklärte das Ministerium.
Demnach lief eine pädagogische Aufarbeitung an der Schule. Diese sei für eine „ausgeprägte Demokratiekultur“ bekannt, hieß es. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte dazu: „Allen Schülerinnen und Schülern muss klar sein, dass es kein Scherz ist, solche Parolen zu singen.“
Ferner berichtete die Polizei am Montag von weiteren Zwischenfällen beim Abspielen des Liedes bei einem Pfingstfest im bayerischen Bad Kötzting und bei einem Schützenfest im niedersächsischen Altendorf. In Magdeburg in Sachsen-Anhalt liefen laut Beamten Verfahren gegen zwei junge Männer, die aus einem Auto heraus zu dem Partyhit volksverhetzenden Zeilen gerufen haben sollen.
Die Vorfälle mit dem Lied lösten massive Empörung und eine Debatte über die Verbreitung von rechtsextremistischen Einstellungen in Deutschland aus. Das Absingen ausländerfeindlicher Zeilen zu dem aus dem Jahr 1999 stammenden Partyhit „L’Amour Toujours“ samt der Verbreitung entsprechender Videos in sozialen Netzwerken ist kein neues Phänomen. Teilweise wird in diesem Zusammenhang von einer rechtsextremistischen sogenannten Memekultur gewarnt.
Bei dem an sich unverfänglichen Lied gebe es inzwischen „eine rassistische Konnotation“, sagte Oktoberfestchef Baumgärtner im BR. Das Lied werde daher auf der Wiesn komplett verboten. Dies ermöglichten die Betriebsbedingungen. Darin sei festgehalten, dass rassistische Äußerungen nicht geduldet würden.
Das Oktoberfest zieht als größtes Volksfest der Welt jährlich Millionen Besucher aus dem In- und Ausland an. In diesem Jahr beginnt die Wiesn auf der Münchner Theresienwiese am 21. September und dauert bis zum 6. Oktober.
Auf Sylt selbst ereigneten sich über Pfingsten außerdem mehr mutmaßliche rechtsextremistische Zwischenfälle als bislang bekannt. Wie die Polizei am Montag in schleswig-holsteinischen Flensburg mitteilte, ermittelt der Staatsschutz dort auch nach einem offenbar ausländerfeindlich motivierten Angriff auf eine 29-Jährige in Kampen. Gleiches galt für einen weiteren Vorfall mit rechten Liedzeilen zu „L’Amour Toujours“ in einer zweiten Bar.
Die angegriffene Frau wurde bei dem Angriff demnach leicht verletzt. „Ein Zusammenhang zwischen den drei Taten wird geprüft, erscheint jedoch nach ersten Erkenntnissen nicht wahrscheinlich“, teilte die Polizei mit Blick auf die verschiedenen Vorfälle in ihrem Zuständigkeitsbereich weiter mit.
In der Politik löste das ursprüngliche Vorfall in der Sylter Nobelbar in Kampen erhebliche Betroffenheit aus. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierten besorgt, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „Schande für Deutschland“. Das von dem Vorfall betroffene Lokal reagierte geschockt und sprach von „zutiefst asozialem Verhalten“. Nach eigenen Angaben erhält es auch Morddrohungen.