Autos und Bürgergeld: FDP sorgt mit kontroversen Plänen für neuen „Ampel“-Streit

Weniger Bürgergeld und mehr Autos in den Städten: Mit kontroversen Forderungen hat die FDP für neue Irritationen in der Ampel-Koalition gesorgt. So stieß der Vorstoß von FDP-Fraktionschef Christian Dürr nach einer Absenkung des Bürgergelds am Montag auf Kritik von SPD und Grünen. Auch FDP-Pläne zur Stärkung des Autoverkehrs riefen Widerspruch hervor. Die Partei selbst reagierte wiederum mit Unverständnis auf die Kritik.

Dürr begründete seinen Vorstoß zur Senkung des Bürgergelds mit einem stärker als erwartet ausgefallenen Rückgang der Inflation. Dadurch falle das Bürgergeld „aktuell 14 bis 20 Euro im Monat zu hoch aus“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Montag. Er wolle deshalb „eine Anpassung nach unten“.

SPD und Grüne kritisierten den Vorstoß scharf. Er halte „überhaupt nichts davon, ständig mit völlig unausgegorenen Ideen fernab jeder Realität für Verunsicherung zu sorgen“, erklärte Martin Rosemann, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Er forderte die Liberalen auf, „nach fast drei Jahren“ endlich in ihrer „Rolle als Teil einer Regierungskoalition“ anzukommen.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch verwies darauf, dass vor allem Familien mit Kindern auf das Bürgergeld angewiesen seien. „Wir werden sie nicht der Willkür wilder und falscher FDP-Fantasien aussetzen“, sagte Audretsch der Nachrichtenagentur AFP. Linken-Chefin Janine Wissler warf der FDP vor, Menschen gegeneinander auszuspielen. Die FDP wolle „den Ärmsten das Geld wegnehmen“.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Joachim Rock, erklärte, das Bürgergeld sei „schon heute zu niedrig, um Armut zu bekämpfen“. Wer von Kürzungen spreche, wolle Ungleichheit vergrößern und fördere die soziale Spaltung. Die CDU-Politikerin Gitta Connemann nannte den Vorstoß mit Verweis auf die anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland ein „durchsichtiges Wahlkampfmanöver“. Das Problem beim Bürgergeld sei nicht der Regelsatz, sondern die unbegrenzte Übernahme der Kosten etwa für Wohnen und Heizen, sagte sie dem TV-Sender „Welt“.

Auf Ablehnung stieß auch das Vorhaben der FDP, den Autoverkehr auch in den Städten zu fördern. In einem am Montag vorgestellten Plan setzt die FDP auf mehr kostenloses Parken in Innenstädten oder alternativ ein deutschlandweites „Flatrate-Parken“. Zudem sollen weniger Fußgängerzonen und Fahrradstraßen eingerichtet werden, um Autos in den Städten mehr Raum zu geben. Der ländliche Raum soll durch eine bessere Anbindung an das Straßennetz gestärkt werden.

Die FDP betonte, dass der Vorstoß „keine Pro-Auto-Kampagne“ sei. Es gehe lediglich um „Wahlfreiheit in der Mobilität“, sagte Brandenburgs Parteichef Zyon Braun. Dazu gehöre auch das Auto. Den „Kulturkampf gegen das Auto“ werde die FDP nicht mitmachen, denn viele Menschen seien darauf angewiesen. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte, es gebe „keine gute und keine schlechte Mobilität“.

Von den Grünen kam scharfe Kritik an den Plänen. „Autos gegen Fußgänger zu stellen, ist nicht sinnvoll“, sagte Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch der AFP. „Es ist ein gefährlicher Irrglaube, dass man mit mehr Autoverkehr mehr wirtschaftliche Stärke in den Innenstädten schafft“, warnte der Grüne Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay (Grüne). Linken-Chefin Wissler kritisierte, das Konzept gehe an der Realität vieler Städte völlig vorbei.

FDP-Generalsekretär Djir-Sarai wies den Vorwurf zurück, mit dem Papier für erneuten Streit in der Bundesregierung zu sorgen. Auch SPD und Grüne machten bei anderen Themen „davon Gebrauch zu sagen, was die eigenen Überzeugungen und Vorstellungen sind“, sagte er. „Das tun wir auch.“

Der ADAC lobte einige der FDP-Vorschläge wie das begleitete Fahren ab 16. Andere Forderungen wie die nach weniger Fahrradstraßen stießen hingegen auf Kritik. „Fahrradstraßen dagegen leisten einen guten Beitrag, die Verkehre stärker zu trennen und so die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen“, sagte eine ADAC-Sprecherin AFP. Anziehungseffekte für Autos sollten „vermieden werden, um bestehende Verkehrsprobleme nicht zu verschärfen“.