Richard Lugner hat eine Moschee in Wien gebaut, Wohnungen instand gesetzt und ein Einkaufszentrum errichtet. Bekannt wurde er aber durch seine Stargäste auf dem Opernball – und seine jüngeren Frauen.
Seine Bühne war der Wiener Opernball. Auf dem glänzenden Fest mit seinen 5000 Gästen hat sich Richard „Mörtel“ Lugner im Blitzlicht der Fotografen gesonnt. An seiner Seite eine Berühmte, eine Schöne oder eine höchst anstrengende Begleiterin, wie 2014 das It-Girl Kim Kardashian mit seinen vielen Sonderwünschen. Für diskret verschwiegene hohe Summen begleiteten ihn die prominenten Damen zum Ball – zuletzt war es die Witwe von Elvis Presley, Priscilla.
Für Schlagzeilen sorgte Lugner aber auch im Juni mit seiner sechsten Ehe. Er heiratete die um rund 50 Jahre jüngere Simone Reiländer. Im Juli hatte er dann eine Herz-Operation, die er gut überstanden haben soll. Jetzt starb er im Alter von 91 Jahren.
Der Unternehmer war mal ein bestürzend peinlicher, mal ein fast rührend bübischer Selbstdarsteller. Ihm schien, gerade wenn die TV-Kameras liefen, nichts zu unangenehm. In der Reality-Soap „Die Lugners“ breitete „Mörtel“ ab 2003 in rund 100 Folgen sein Privatleben im Privatfernsehen (ATV) aus.
Schreiduelle auf dem Opernball oder auch Versöhnungsbilder aus der Badewanne – alle echten und kalkulierten Emotionen wurden vor den TV-Kameras ausgelebt. „Meine Leidenschaft ist heißer noch wie Gulaschsaft“, zitierte er vor laufenden Kameras aus einem Operetten-Schlager.
Sechsmal verheiratet
Sein Herz galt besonders den jungen Frauen. Augenfällig wurde das besonders 2014, als er das aus Deutschland stammende Model Cathy im Schloss Schönbrunn heiratete. Sie war 57 Jahre jünger.
Als nach zwei Jahren die Scheidung folgte, brachte das Lugner, der nach eigenen Worten sehr viele Offerten von 25- bis 30-jährigen Frauen bekam, doch zum Nachdenken. Seine Zielgruppe seien nun Damen um die 40. „Das ist das, was am tiefsten ist“, zog er eine Bilanz.
Möglicherweise brachte ihn auch ein 2016 diagnostizierter Prostata-Krebs zum Grübeln. Er überstand die Erkrankung und wirkte bei vielen Auftritten bemerkenswert vital. Dafür tat er einiges: Er ließ sich Spritzen geben, machte Kälte- und Ernährungs-Kuren.
Lugners Streichelzoo
Alle seine Freundinnen bekamen Tiernamen, wurden zum Beispiel „Mausi“, „Hasi“, „Käfer“, „Bambi“, „Kolibri“ gerufen. Dass er von Reportern gefragt wurde: „Wie geht es Lugners Streichelzoo?“, empfand er nicht als Affront ihm oder seiner jeweiligen Partnerin gegenüber.
Vielmehr sammelte Lugner jede Zeile über ihn, auch die hämischen Kommentare. „Ich seh‘ mich schon gern in der Zeitung“, bekannte er. In seinem Büro stapelten sich die Ordner mit der Berichterstattung über Lugner.
Apropos Büro: Lugners Leben bestand nicht nur aus Vergnügen und fast allabendlichem Ausgehen – er war auch bis zuletzt im Büro seines Einkaufszentrums und arbeitete. Die „Lugner City“ in Wien ist mit ihren mehr als 110 Geschäften und 56 000 vermietbaren Quadratmetern das Lebenswerk des Ingenieurs.
Karriere als Bau-Unternehmer, Ausflüge in die Politik
Erstmals in den Schlagzeilen war Lugner 1975, als der Unternehmer den Auftrag zum Bau einer Moschee in Wien erhielt. Seine Baufirma hatte zeitweise mehr als 600 Beschäftigte. 1990 eröffnete er sein Einkaufszentrum, ergänzte es später um ein Kino mit elf Sälen. In der „Lugner City“ gaben die Stargäste des Opernballs Autogrammstunden und Pressekonferenzen – das große mediale Echo für den Konsumtempel war garantiert.
Zum Leben des Gesellschaftslöwen gehören auch die Ausflüge in die Politik. 1998 kandidierte für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. Der Baumeister erreichte 9,9 Prozent der Stimmen, was als Achtungserfolg galt.
Das sollte sich nicht mehr wiederholen, denn seine späteren TV-Auftritte ließen ihn in Österreichs Society eher zu einem belächelten Clown werden. So bekam er bei seiner zweiten Präsidentschafts-Kandidatur 2016 nur 2,3 Prozent der Stimmen. „Ich bin der Kasperl und der Kasperl gewinnt immer“, lautete sein erfolgloses Motto.
Die alljährlichen Opernball-Auftritte waren im Übrigen nicht so ungetrübt, wie sie oberflächlich wirkten. Zum einen hatte Lugner oft einigen Stress mit den Allüren seiner Gäste, zum anderen war die sich als wirklich nobel empfindende Gesellschaft nicht glücklich über den eher schrillen Gast. „Den Lugner mag man dort nicht, aber der Opernball profitiert von mir“, meinte Lugner einmal.
Positive Lebens-Bilanz – mit einer Ausnahme
Beim Rückblick auf das Leben als Chef einer Baufirma, als Inhaber eines Einkaufszentrums und als oft belächelter schräger Vogel, dem für eine Schlagzeile nichts zu peinlich ist, sagte Lugner vor wenigen Jahren: „Bei mir ist alles gut gelaufen – außer das mit den Frauen.“