Lea Sophie Friedrich ist zu Silber in der Königsdisziplin Sprint gerast. Es ist bereits ihre zweite Medaille. Das schlechteste Abschneiden des deutschen Radsports seit 1968 kann sie nicht verhindern.
Umhüllt von einer großen Deutschland-Fahne wischte sich Lea Sophie Friedrich die Tränen aus den Augen und war einfach nur stolz. „Ich bin mega happy mit der Silbermedaille. Das ist meine erste Medaille in einer Einzeldisziplin. Ich bin richtig stolz auf mich und auch müde von der harten Woche mit den Up and Downs“, sagte die achtmalige Weltmeisterin, nachdem sie bei den olympischen Bahnrad-Wettbewerben in der Königsdisziplin Sprint zu Silber gerast war.
Erst im Finale gegen die Neuseeländerin Ellesse Andrews, die bereits im Keirin triumphiert hatte, war der Kampfgeist von Friedrich gebrochen. Gleich nach dem Rennen fuhr Friedrich zu ihren Eltern auf der Tribüne und ließ sich feiern. „Es war schön, sie in die Arme zu nehmen. Sie haben mich durch alle Höhen und Tiefen mitgenommen. Ich habe meine Heimat verlassen, um hier ganz oben stehen zu können“, ergänzte Friedrich.
Die 24 Jahre alte Bahnradsportlerin, die bereits Bronze im Teamsprint geholt hatte, sorgte für die erste Einzelmedaille im Radsport seit Kristina Vogel, die 2016 in Rio de Janeiro in einem legendären Finale Gold in der Königsdisziplin Sprint gewann. Passenderweise eröffnete Vogel am Sonntag den Wettkampftag unter großem Applaus.
Das schlechteste Olympia-Abschneiden des deutschen Radsports seit 1968 mit nur jeweils einmal Silber und Bronze konnte eine starke Friedrich aber nicht verhindern.
Erst Weltrekord, dann souveräne Siege
Friedrich war im Sprint-Wettkampf auf Augenhöhe zu den Besten. Schon in der Qualifikation war sie in 10,029 Weltrekord gefahren und hatte sich an Platz eins des Rankings gesetzt. Anschließend rauschte sie mit souveränen Siegen durch den Wettkampf und schaltete unter anderem die Tokio-Olympiasiegerin Kelsey Mitchell (Kanada).
Gegen die Keirin-Zweite Hetty van de Wouw (Niederlande) bewies sie im Halbfinale Kampfgeist – und musste danach zur Toilette. „Ich bin danach erstmal kotzen gegangen, weil ich alles gegeben habe, um in das Finale zu kommen. Entweder macht man sich verrückt und verliert die Nerven oder man behält sie. Das ist ein ganz schmaler Grat. Ich habe es geschafft, sie zu behalten“, sagte Friedrich. Teamkollegin Emma Hinze, immerhin auch achtmalige Weltmeisterin, schied dagegen im Viertelfinale aus und wurde am Ende Sechste.
Friedrich meldete sich damit nach ihrem bitteren Keirin-Aus eindrucksvoll zurück. Im Kampfsprint hatte sie nach einem taktischen Fauxpas im Halbfinale den Endlauf verpasst und danach mit sich gehadert: „Ich habe keinen klaren Kopf behalten. Ich bin gefahren, wie ich nie gefahren bin. Passiv, nicht aktiv. Das kenne ich selber nicht von mir. Manchmal gehen die Nerven bei uns auch durch. Es lastet viel Druck auf uns.“
Mit erst 24 Jahren hat Friedrich nun schon drei olympische Medaillen eingesammelt, nur Gold fehlt noch. In Tokio hatte sie mit gerade einmal 21 Jahren Silber im Teamsprint gewonnen. Dass sie einmal Vogel als Rekord-Weltmeisterin mit elf Titeln ablösen wird, scheint programmiert.
Die Männer sind indes noch nicht so weit. Youngster Luca Spiegel schaffte es immerhin ins Keirin-Halbfinale, schied dort aber nach einem heftigen Sturz aus. Der 20-Jährige kam zu Fall, nachdem er vom Briten Hamish Turnbull touchiert worden war. Spiegel rutschte die Bahn entlang, konnte nach kurzer Behandlung aber wieder aufstehen. Im Sprint war Spiegel deutschen Rekord gefahren, dann aber in der ersten Runde ausgeschieden.
Keine Chance im Madison nach Sturz von Reinhardt weg
Im Madison der Männer hatten sich indes am Samstag nach einem Sturz von Theo Reinhardt die Medaillen-Hoffnungen zerschlagen. Der Berliner kam bereits in der 20. von 200 Runden zu Fall, fuhr trotz einer schweren Prellung und einer tiefe Schürfwunde aber weiter. Eine Top-Platzierung mit Altmeister Roger Kluge war aber dahin.
Das Weltmeister-Duo von 2018 und 2019 musste sich beim Sieg Portugals mit dem sechsten Platz begnügen. Schon in Tokio hatten die beiden Erfolgsgaranten Pech. Damals war nach einem Sturz von Kluge quasi alle Chancen dahin.
Kluge macht weiter
Der 38-jährige Kluge ist mit dem Radsport aber noch nicht fertig. „Ich fahre auf alle Fälle erst einmal weiter. Ich höre jetzt noch nicht auf“, sagte der 38-Jährige, nachdem der Traum von der zweiten olympischen Medaille nach 2008 durch den Sturz von Madison-Partner Theo Reinhardt geplatzt war.
Für den 38-jährigen Kluge waren es die fünften Olympischen Spiele. 2008 hatte der Dauerbrenner aus Eisenhüttenstadt bereits mit gerade einmal 22 Jahren Silber im Punktefahren geholt, doch ein weiterer Coup wollte einfach nicht gelingen. Das Ende seiner olympischen Reise sei es „wahrscheinlich“ gewesen. „Alles andere ist unrealistisch, so weit vorauszuschauen.“