Der Tod eines Internet-Stars führt die Dresdner „Tatort“-Ermittlerinnen in die Welt der hippen Youtuber und windigen Medienagenturen. Die Krimi-Wiederholung versucht sich an einer plumpen Kritik an den neuen Medien.
Worum geht’s?
Eigentlich heißt er Robin Kahle, doch die meisten kennen ihn nur unter seinem Künstlernamen Simson. Er ist ein extrem populärer Prankster, ein Videokünstler, der anderen Streiche spielt. Doch nun liegt er tot in der Altstadt. Erschossen. Ein Motiv hätten viele. Der Internetstar Scoopy (Wilson Gonzalez Ochsenknecht), der immer in seinem Schatten stand. Oder der schmierige Medienmanager Magnus Cord (Daniel Wagner), der einen Großteil von Simsons Vermögen verprasst hat. Und was ist mit dem Mediziner Dr. Frantzen, der dem Prankster unter der Hand Schmerztabletten verkauft hat? Dann ist da noch die junge Emilia Krohn, die Simson angehimmelt hat. Das Dresdner Ermittlerduo Sieland und Gorniak hat viel zu tun – und muss nebenbei aufpassen, nicht selbst Opfer eines Streichs zu werden.
Warum lohnt sich dieser „Tatort“?
Das Leben insbesondere jüngerer Menschen findet immer stärker in der digitalen Welt statt. Ein Umstand, dem der „Tatort“ viel zu selten Rechnung trägt und wo Ermittler ihre Handys noch ausschließlich zum Telefonieren verwenden. Wenn Internet-Stars Millionen Menschen erreichen und mühelos fünfstellige Monatsgehälter einstreichen, kann auch der TV-Krimi diesen Kosmos nicht mehr länger ignorieren.
Was nervt?
Social-Media-Stars, die „Spirit“ und „Personality“ haben. Die „delivern“, denn „content is king“: Die Darstellungen der Generation Youtube überschreitet die Grenze zur Parodie. Der Film (Buch: Richard Kropf, Regie: Gregor Schnitzler) wirkt über weite Strecken wie der Fantasie eines verknöcherten Fernsehredakteurs entsprungen – und nicht wie ein Abbild der digitalen Realität. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht.joe-bausch-interview 9.08
Zudem wird noch eine weitere Dimension drauf gesattelt: Die Internet-Community wird implizit für die vollkommene Vertreibung Gottes aus der Gesellschaft verantwortlich gemacht. Während die Kirchen leer sind, trifft sich die Jugend zum Social Mourning, um ihr verstorbenes Idol zu betrauern. Die wenigen verbliebenen Christenmenschen werden derweil von einem Prankster verschreckt, der sich als Nietzsche verkleidet in die Kirche setzt und „Gott ist tot“ ruft.
Die Kommissare?
Mit diesem Mordfall im Milieu junger Internetstars betreten die Ermittlerinnen Henni Sieland (Alwara Höfels) und Karin Gorniak (Karin Hanczewski) Neuland. Während sie ihren ersten Erfahrungen Shitstorm erleben, sucht ihr verheirateter Chef Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) sein Glück in einem Flirtportal – was im Kommissariat alle mitbekommen.
Ein- oder ausschalten?
Ja, dieser „Tatort“ hat große Schwächen – und da ist der hektische Schluss noch gar nicht mit eingerechnet. Für einen lauen Sommerabend ist das bezaubernde Dresdner Team mit Martin Brambach, Alwara Höfels Karin Hanczewski allerdings gut genug. Wenn man die Geschichte nicht allzu ernst nimmt, ist es erträglich.
Die „Tatort“-Folge „Lexel X“ wurde erstmals am 11. Juni 2017 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Krimi am Sonntag, 11. August, um 20.15 Uhr.