Nach der hochumstrittenen Präsidentschaftswahl in Venezuela hat der Oberste Gerichtshof des Landes sein zum Wahlergebnis noch ausstehendes Urteil als „bindend“ bezeichnet. Das Gericht setze seine am 5. August begonnene Bewertung fort, um das endgültige Urteil zu fällen, sagte dessen Vorsitzende Richterin Carylsia Rodríguez am Samstag bei einer Anhörung zu der Wahl Ende Juli. Die Entscheidung des Gerichts sei dann „endgültig und bindend“, es könne „keine Berufung“ eingelegt werden.
Amtsinhaber Nicolás Maduro hatte den Obersten Gerichtshof am 1. August selbst angerufen, um seinen im In- und Ausland angezweifelten Wahlsieg zu „bestätigen“. Er hatte bei dem Gericht Beschwerde gegen den „Angriff auf das Wahlverfahren“ eingelegt, wie er dies bezeichnete. Mit Blick auf die Oppositionspolitiker María Corina Machado und Edmundo González Urrutia sagte Maduro damals, diese sollten „hinter Gittern sein“. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass die Richter Maduro treu ergeben sind.
Die ebenfalls weitgehend regierungstreue Wahlbehörde hatte Maduro ungeachtet internationaler Kritik und Betrugsvorwürfen der Opposition offiziell zum Sieger der Präsidentschaftswahl am 28. Juli erklärt. Die Opposition beansprucht den Wahlsieg für sich.
Nach Maduros umstrittener Wiederwahl kam es in Venezuela zu massiven Protesten gegen den Wahlausgang. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden im Zuge der Proteste mehr als 2200 Menschen festgenommen, mindestens 24 Menschen kamen ums Leben. Gegen die beiden Oppositionsführer Edmundo González Urrutia und María Corina Machado leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen „Anstachelung zum Aufstand“ ein. Angesichts einer drohenden Festnahme sind beide Oppositionspolitiker seit Tagen nicht mehr in der Öffentlichkeit erschienen.
Maduros Herausforderer González Urrutia rief den Staatschef am Samstag zum Gewaltverzicht auf. Er bitte Maduro „im Namen aller Venezolaner, der Gewalt und Verfolgung ein Ende zu setzen und alle willkürlich inhaftierten Venezolaner unverzüglich freizulassen“, erklärte der 74-jährige Oppositionelle in den Onlinenetzwerken.
„Genug der Verfolgung und Gewalt, genug der Versuche, Terror zu verbreiten, genug der Missachtung des Willens der Venezolaner nach Veränderung“, schrieb González Urrutia. „Akzeptieren Sie, was unser Volk zum Ausdruck gebracht hat, und lassen Sie uns alle damit beginnen, unser Land aus dieser Krise herauszuführen.“
Mehrere Länder, darunter die USA, Peru und Argentinien, hatten vergangene Woche offiziell González Urrutia als Sieger der Wahl anerkannt. Die EU tat dies bislang nicht, lehnte jedoch die Anerkennung der Wiederwahl Maduros ab.
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