Es beginnt mit einem Onlineflirt, Komplimenten oder gar Liebesschwüren – und der Bitte nach intimen Fotos. Dann wird aus der vermeintlichen Romanze ein Albtraum. Erpressung mit Nacktbildern nimmt zu.
Das Landeskriminalamt in Stuttgart spricht von einem wachsenden Ausmaß der Erpressungsmasche Sextortion. Dabei werden Menschen zu intimen Fotos gedrängt und dann damit erpresst. Zwar sei die für den Südwesten erfasste Fallzahl in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Inland im Jahr 2023 von 308 auf 102 Fälle zurückgegangen. Der Rückgang sei aber ausschließlich einer bereinigten Datenerfassung geschuldet. Im Jahr 2022 waren viele dieser Straftaten mit dem Handlungsort „Inland“ versehen worden und landeten damit in der PKS-Inland – obwohl sie aus dem Ausland heraus verübt worden waren.
Im Jahr 2023 wurden Sextortion-Delikte konsequent danach getrennt, ob sie aus dem Inland oder dem Ausland heraus begangen wurden. Die 102 im vergangenen Jahr erfassten Zahlen in der PKS-Inland spiegelten also nicht das tatsächliche Ausmaß dieses Phänomens wider, erläutert eine LKA-Sprecherin. „Die in der PKS-Ausland erfassten Fälle sind um ein Vielfaches höher, Tendenz steigend.“ Allerdings sei die PKS-Ausland noch im Aufbau und die darin enthaltenen Daten seien noch nicht öffentlich. Die Täter agierten meist anonym. Zudem sei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.
Sextortion hat sich als Betrugsmasche seit einigen Jahren fest etabliert, bundesweit warnen Landeskriminalämter davor. Im laufenden Jahr gab es auch im Südwesten schon zahlreiche Vorfälle. So war beispielsweise im Bodenseekreis im April ein junger Mann mit anzüglichen Bildern erpresst worden, die er zuvor, gutgläubig verliebt, an einen „netten Kontakt“ verschickte. In Rastatt wurden Ende März gleich zwei Männer Opfer der perfiden Masche. Im Kreis Freudenstadt zahlte ein 58-jähriger Anfang des Jahres rund 3000 Euro an Erpresser, nachdem ihn unbekannte Frauen über einen längeren Zeitraum hinweg angeschrieben, ihn zu Nacktfotos genötigt und schließlich mit Veröffentlichung gedroht hatten.
Bei Sextortion werden potenzielle Opfer über soziale Medien und Online-Plattformen von Kriminellen unter falschem Namen und falscher Identität kontaktiert, angeflirtet und in Gespräche oder Chats verwickelt – mit der Absicht, dass sie intime Fotos von sich preisgeben. Die Täter gaukeln die große Liebe vor, doch sobald sie Bilder bekommen haben, drohen sie mit Veröffentlichung und fordern teils hohe Summen. Über die Altersstruktur der Opfer hat das LKA eigenen Angaben zufolge keine Erkenntnisse.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatte in einem Lagebericht zur IT-Sicherheit im Jahr 2023 Sextortion neben Identitätsdiebstahl und Phishing zu den Top 3 Bedrohungen in der Kategorie „Gesellschaft“ gezählt. Nach Angaben des Opferschutzvereins „Weisser Ring“ werden vor allem Männer Opfer.
Infos zum Thema Sextortion Pressemitteilung der Polizei vom 4. März Weisser Ring zu Sextortion