Eigentlich dürfen die saarländischen Kommunen laut „Saarlandpakt“ keine neuen Schulden machen. Diese Regelung wurde aufgehoben. Warum das aus Sicht des Ministers kein Scheitern bedeutet.
Das Saarland hat die Schuldenbremse für Städte und Gemeinden gelockert. Wie Innenminister Reinhold Jost (SPD) der Deutschen Presse-Agentur sagte, dürfen die Kommunen bis zum Jahr 2027 außerplanmäßige Kredite in Höhe von bis zu 480 Millionen Euro aufnehmen. Damit wird das Verbot neuer Kassenkredite aus dem „Saarlandpakt“, der 2019 beschlossen worden war, vorübergehend außer Kraft gesetzt.
„Die Städte und Gemeinden brauchen Luft zum Atmen“, sagte Jost. „Dass das Land nun jedes Jahr 120 Millionen Euro an Defizit zulässt, mag dem ein oder anderen nicht gefallen“, aber „man kann auch in Schönheit sterben.“ Die Notwendigkeit sei hinreichend belegt, und der Saarlandpakt sehe diese Ausnahme in diesem Fall auch vor.
Die Vereinbarung beinhaltet, dass das Land die Hälfte der kommunalen Kassenkredite von damals knapp zwei Milliarden Euro von den Städten und Gemeinden übernimmt und innerhalb von 45 Jahren tilgt. Im Gegenzug verpflichteten sich die Kommunen, ihren Teil der Kassenkredite abzubauen.
Kommunale Selbstverwaltung soll möglich bleiben
Der Saarlandpakt ermöglicht jedoch auch eine Ausnahme von dieser Regelung, wenn die Regierung – wie jetzt geschehen – eine Notlage anerkenne. „Nach 2019 sind Dinge passiert, die niemand so vorhersagen konnte“, sagte Jost mit Blick auf Corona, Ukraine-Krieg, Migration, Inflation, steigende Energiepreise und Pfingst-Hochwasser im Saarland. Durch diese Anhäufung von Krisensituationen ständen die saarländischen Kommunen vor neuen Herausforderungen, die die Notlage begründeten.
„Wir wollen weiterhin, dass in diesem Land ordentlich gelebt wird und die kommunale Selbstverwaltung möglich bleibt“, sagte Jost. „Die Alternative wäre nicht ein Weiter-So gewesen, sondern es wären im Saarland fast keine Haushalte mehr genehmigungsfähig gewesen.“
Dies wäre einem Stopp der Investitionen gleichgekommen, auch mit Blick auf die 150 Millionen Euro Landesmittel für ein kommunales Bauprogramm für die Schulen. „Das wäre irrsinnig gewesen“, so Jost. Denn Investitionen bedeuteten auch Wertschöpfung im Saarland und damit Stabilisierung der Baukonjunktur.
„Saarlandpakt in keinster Weise gescheitert“
Die Einschätzung, mit der Lockerung der Schuldenbremse sei der Saarlandpakt fehlgeschlagen, wies der Innenminister vehement zurück: „Er ist in keinster Weise gescheitert, weil er das Szenario, dass es zu mehreren Krisensituationen und damit zu einer Notlage kommen kann, ja schon abgebildet hatte.“
Viele Kommunen hätten sich bereits positiv geäußert. „Sie sind sehr dankbar für die neuen Möglichkeiten“, so Jost. „In Ensdorf oder Püttlingen wäre ansonsten in diesem Jahr Schicht im Schacht gewesen.“
Auch in Mettlach ist man froh darüber, neue Kassenkredite aufnehmen zu dürfen. „Das gibt uns wieder einen gewissen Handlungsspielraum, und trotzdem dürfen wir auch nicht vergessen, dass wir die Vorgaben des Saarlandpaktes nicht aus den Augen verlieren“, sagte Bürgermeister Daniel Kiefer (SPD). Dieser sei ein wichtiges Instrument, um die Schulden, die man einmal hatte, einzugrenzen und weiter abzubauen.
Natürlich sei man bemüht, die neuen Kassenkredite in Grenzen zu behalten, gleichzeitig sei man als Kommune auch verpflichtet, die Infrastruktur für die Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen: „Nach den Herausforderungen der vergangenen Jahre haben wir nun die Möglichkeit, das Ein oder Andere anzugehen und wieder zukunftsfähig zu machen“, sagte Kiefer.
Minister stammt selbst aus der „kommunalen Familie“
Der Landesregierung und dem Minister, der fast 30 Jahre Gemeinderatsmitglied und Ortsvorsteher in Rehlingen-Siersburg war, sei er dankbar, dass sie so schnell gehandelt hätten. „Weil Reinhold Jost selbst aus der kommunalen Familie kommt, ist ihm natürlich daran gelegen, dass wir weiter handlungsfähig bleiben und uns hier nicht selbst den Hals zuschnüren, nur um diese Kriterien des Saarlandpaktes zu erfüllen“, so der Bürgermeister.
Nach Ansicht des Ministers führe für eine langfristige Perspektive „kein Weg an der Schulden-Lösung durch den Bund vorbei“. Zudem kündigte er an, dass noch in diesem Jahr eine neue Begutachtung des kommunalen Finanzausgleichs im Saarland begonnen werde. Ein Auftrag dazu sei bereits erteilt worden.