Es muss nicht immer Bayreuth sein: Der Kultur- und Festivalsommer 2024 hält eine Vielfalt von Highlights bereit wie schon lange nicht mehr. Selbst kleine Festspiele warten mit großen Leistungen auf.
Allein der Begriff hat etwas Magisches: Festspiele! Was für ein Versprechen. Schon in der Antike pilgerten die Menschen zu Schauspielspektakeln des Dionysoskultes, im Mittelalter fand man sich zum Dichterwettstreit auf Burgen, später folgten religiös aufgeladene Passionsspiele und Adventssingen. Vielleicht umweht die beiden Großevents des Genres in Bayreuth und Salzburg bis heute eine gewisse Heiligkeit – sowie der Drang eines manchen Zuschauers, die künstlerische Darbietung geradezu anzubeten. Bei den 148 und 104 Jahre alten Festivals gab es in den Anfangsjahren sogar noch echte Weihespiele, „Parsifal“ und „Jedermann“, wo es als ketzerisch galt, am Ende zu klatschen.
In der Provinz leuchten die Stars besonders hell
Ganz so heilig geht es heute nicht mehr zu, und dennoch geschieht hier immer noch eine Art Gemeinschaftserlebnis, das über den säkularen Theater- und Opernbetrieb während der Spielzeiten hinausragt. Zuletzt sind es große Kultur-Highlights, die oft an provinziellen Orten stattfinden und gerade dort eine besondere Wirkung erzielen. Man denke nur an die umjubelte Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ in der 1629-Seelen-Gemeinde Erl bei Kufstein, wo der frühere Gesangsstar Brigitte Fassbaender im Alter von 85 als Regisseurin triumphierte. Oder an die Marktgemeinde Telfs, ebenfalls in Tirol, wo die Schauspieler der Familie Moretti mit berühmten Kolleginnen und Bravour die traditionellen Volksschauspiele kapern. Seltener, aber doch gelingt auch in Millionenmetropolen, den Zauber des Festspielzirkus zu entfachen. Etwa wenn Intendant András Siebold, ein früherer Assistent von Kunstlegenden wie Nan Goldin und Bob Wilson, zum Internationalen Sommerfestival auf das ehemalige Fabrikgelände Kampnagel in Hamburg ruft.