Die Mieten in Berlin steigen. SPD-Fraktionschef Saleh fordert den Senat auf, bei einem Gesetzesvorhaben bald zu liefern. Nicht nur aus der Opposition gibt es kritische Kommentare.
Berlins SPD-Fraktionschef Raed Saleh macht sich für mehr Tempo bei der Erarbeitung des geplanten Vergesellschaftungsrahmengesetzes stark. Der Staat brauche eine rechtliche Möglichkeit, auf dem Wohnungsmarkt preisregulierend einzugreifen, sagte Saleh der Deutschen Presse-Agentur. Die jüngst von Vonovia und anderen Konzernen angekündigten Mieterhöhungen um bis zu 15 Prozent zeigten einmal mehr, wie dringlich dieses Anliegen sei. Linke und Grüne warfen dem SPD-Politiker daraufhin vor, seine Haltung sei nicht sehr glaubwürdig.
Senat soll Zeitplan für neues Gesetz vorlegen
„Jetzt erleben wir, wie in Berlin Mietpreiserhöhungen angekündigt werden von verschiedenen großen Playern“, sagte Saleh. „Ich finde nicht, dass der Staat einfach tatenlos zuschauen darf, wenn er sich selbst auch noch ernst nehmen möchte und am Ende auch von den Berlinerinnen und Berlinern ernst genommen werden möchte.“ Der Staat müsse dafür sorgen, die Rechte der Mieter zu schützen, indem preisregulierend eingewirkt werde. Da der Bundesgesetzgeber bislang keine Verabredungen dazu umsetze, müsse im Land Berlin geklärt werden, welche Instrumente nutzbar seien.
„Deswegen erwarte ich, dass der Senat uns jetzt eine Zeitschiene aufzeigt, bis wann ein entsprechendes Gesetz als Entwurf ausgearbeitet wird“, sagte Saleh. „Sollte es keinen Vorschlag geben, werden wir noch in der Legislaturperiode selbst parlamentarisch einen Gesetzentwurf vorlegen und unserem Koalitionspartner präsentieren.“
Kritik von Grünen und Linken
An Salehs Vorstoß gab es allerdings deutliche Kritik: Die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger warf der SPD in der Tageszeitung „taz“ vor, sie habe sich in den vergangenen Jahren bei allen Versuchen, aus der Mietpreisspirale herauszukommen, als Bremsklotz erwiesen. Auch beim ernsthaften Umsetzen von mehr Mieterschutz sei die SPD-Bilanz „mehr als mau“, vom Thema Vergesellschaftung ganz zu schweigen.
Niklas Schenker von der Linken nannte Salehs Ausführungen „geradezu zynisch und wenig glaubwürdig“, nachdem die SPD die Umsetzung des Volksentscheids drei Jahre lang verhindert habe. Sollte es eine ehrliche Meinungsänderung bei den Sozialdemokraten geben, seien die Abgeordneten der Linksfraktion die ersten, die im Landesparlament für ein Vergesellschaftungsgesetz stimmen würden.
Achim Lindemann von der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ sagte der „taz„: „Schön, dass Raed Saleh aufgewacht ist und merkt, dass die Mieten steigen.“ Seine Forderung sei allerdings weder ausreichend noch zielführend. „Anstelle eines sinnlosen Rahmengesetzes sollte ein echtes Vergesellschaftungsgesetz geschrieben werden.“
Vor kurzem war bekanntgeworden, dass Vonovia als größter privater Vermieter in Berlin Tausende Mieterhöhungen verschickt hat. Der Konzern schöpft dabei die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit aus, die Miete innerhalb von drei Jahren um 15 Prozent zu erhöhen. In dem 2022 gegründeten Berliner Wohnungsbündnis, dem unter anderem Vertreter aus Politik, Wohnungsunternehmen wie Vonovia und aus Verbänden angehören, hatte man sich indes auf eine sogenannte Kappungsgrenze von 11 Prozent in drei Jahren verständigt.
„Ich nehme diese Entwicklung mit großer Sorge wahr, weil Berlin eine Stadt der Mieterinnen und Mieter ist“, sagte Saleh mit Blick auf die Mieterhöhungen. „Wir haben in Berlin, anders als in anderen Bundesländern, einen großen Anteil von Mieterinnen und Mietern.“
Vorhaben steht im Koalitionsvertrag
CDU und SPD hatten ein Vergesellschaftungsrahmengesetz im Koalitionsvertrag verabredet. Es soll den Rahmen setzen für mögliche staatliche Eingriffe im Bereich der Daseinsvorsorge, neben Wohnen gehören dazu auch Bereiche wie Energie, Wasser und Gesundheitsversorgung. Der Gesetzesplan ist eine Konsequenz aus dem erfolgreichen Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnungskonzerne 2021.
Beim Vergesellschaftungsrahmengsesetz gehe es nicht zwangsläufig um Enteignungen, sondern um Eingriffsmöglichkeiten des Staates vor dem Hintergrund der Regelungen im Grundgesetz, sagte Saleh.
Das Grundgesetz garantiere den Schutz von Eigentum. „Aber unsere Verfassung sieht auch vor, dass Eigentum verpflichtet“, sagte Saleh. „Das heißt, man muss seiner Verantwortung nachkommen. Passiert das nicht, hat der Staat in der sozialen Marktwirtschaft die Pflicht, regulierend einzugreifen. Es gibt kein gesetzlich festgeschriebenes Recht auf Gewinnmaximierung ohne Ende.“