Wer bei schönem Wetter eine Robben-Ausfahrt in die Wismarbucht unternimmt, kann leicht enttäuscht werden. Weil Paddler und Bootsfahrer zu nah an die Sandbank Lieps fahren, tauchen die Tiere ab.
Die Robben-Ausfahrten der MS „Seebär“ zur Sandbank Lieps in der Wismarbucht sind in der Hochsaison stark gefragt. Allerdings wird die Hoffnung, Dutzende Kegelrobben beim Sonnen auf dem schmalen Sandstreifen in der Ostsee zu beobachten, vor allem bei schönem Wetter oft enttäuscht.
„Viele Stand-up-Paddler, Schlauch- und Sportbootfahrer fahren dann raus und zu nahe an die Robben-Sandbank heran, teilweise sogar mit hoher Geschwindigkeit“, sagt Ulrike Cwielag von der Umweltorganisation BUND. Das störe die Tiere massiv und sie tauchten ab. Dabei seien sie auf Ruhephasen sehr angewiesen, gerade junge Tiere. Sie könnten vor Erschöpfung beim Schwimmen ertrinken, wenn sie sich nicht ausreichend an Land erholen können.
Ruhe nur bei schlechtem Wetter
Der Zusammenhang mit dem Tourismus sei deutlich, sagt Cwielag. „An regnerischen Tagen ist Ruhe rund um Lieps und sofort sind die Kegelrobben da.“ Schon im Jahr 2005 haben Wassersportler der Region, Küstengemeinden, Anglervereine, Tourismus und Naturschutzorganisationen eine freiwillige Vereinbarung geschlossen, um besonders sensible Areale der Wismarbucht zu schützen.
Die Sandbank Lieps und ihre Umgebung sind darin als sehr empfindliches Gebiet genannt, es sollte von Mai bis Mitte September unbedingt gemieden werden. Die Karten mit den Verhaltensempfehlungen für Touristen hängen am Strand aus, Verleiher von Booten und Paddel-Boards sollen ihre Kunden darauf hinweisen.
BUND: Freiwillige Vereinbarung gescheitert
Die freiwillige Vereinbarung war geschlossen worden, um rechtsverbindliche Regelungen zum Naturschutz zu vermeiden. Doch das scheint nicht zu funktionieren. Der BUND fordert deshalb von der Landesregierung, die Sandbank Lieps zum Naturschutzgebiet zu erklären. „Wer dann zu nahe heranfährt oder sogar dort aussteigt, verstößt gegen ein Verbot und das kann mit einem Bußgeld geahndet werden“, sagt Cwielag.
Die Fahrten der „Seebär“, die bis zu dreimal täglich stattfinden, unterstützt der BUND. Der Kapitän fährt nur bis auf 300 Meter an die Sandbank heran und drosselt den Motor. In einigen Dutzend Metern Entfernung vom Schiff tauchen massige Köpfe von Kegelrobben aus dem Wasser auf. Die Sandbank ist an dem Tag von Hunderten Kormoranen bevölkert, eine einzige Kegelrobbe liegt in der Sonne. Dabei rasten dort zeitweilig bis zu 100 Tiere, sagt Cwielag.
In der Ostsee sind die Kegelrobben im 20. Jahrhundert fast ausgerottet worden. In den 1980er Jahren gab es erste Schutzmaßnahmen. Seither wächst der Bestand. Laut WWF gibt es heute wieder rund 42.000 Kegelrobben in der Ostsee. Das ist aber immer noch weniger als die Hälfte des ursprünglichen Bestandes. Wissenschaftler gehen von einst etwa 100.000 Tieren aus. Die Sandbank Lieps gilt als einer der wichtigsten Rückzugsorte für die Kegelrobben in Mecklenburg-Vorpommern.