Die Fußballerinnen und Horst Hrubesch wollten unbedingt nach Paris ins Herz der Spiele. Doch ein Tor von US-Stürmerin Sophia Smith im Halbfinale macht alle Hoffnungen zunichte.
Horst Hrubesch nahm seine traurigen Fußballerinnen nacheinander in die tröstenden Arme. Deutschlands Nationalteam ist trotz heftiger Gegenwehr und kluger Taktik im Olympia-Halbfinale an den USA gescheitert – Aus der Traum vom Finale in Paris. Sophia Smith (95. Minute) erzielte vor etwa 15.000 Zuschauern in Lyon das entscheidende Tor beim 1:0 (0:0) nach Verlängerung für die vierfachen Goldmedaillen-Gewinnerinnen. Ohne Kapitänin Alexandra Popp und Torjägerin Lea Schüller blieb das Team von Bundestrainer Hrubesch glücklos – und hofft jetzt im Spiel um Platz drei in Lyon am Freitag auf Bronze.
„Es ist scheiße. Ich glaube, wir haben kaum etwas zugelassen heute. Dass man von der einen Chance das Gegentor kriegt, ist extrem bitter“, sagte Laura Freigang die kurz vor Schluss der Verlängerung mit einem Kopfball an US-Torhüterin Alissa Naeher gescheitert war. Sie habe kurz geweint. „Das Beste ist, dass in drei Tagen das Spiel um Bronze ist. Klar sind wir heute Abend alle geknickt. So schnell schluckt man das nicht runter“, sagte die Frankfurterin und fügte an: „Jetzt geht es erst recht um eine Medaille. Es ist ja nicht vorbei. Wir können immer noch etwas gewinnen.“
Vierte Bronzemedaille für DFB-Frauen?
Gegner ist dann der Verlierer des Duells zwischen Weltmeister Spanien und Brasilien. Bronze gab es schon dreimal für die DFB-Frauen: 2000, 2004 und 2008. „Man soll nicht mit leeren Händen nach Hause fahren“ – das hatte Hrubesch seinen Spielerinnen vor dem Halbfinale gesagt. Der 73-Jährige und sein Team wollten bei ihrer Tour de France unbedingt noch nach Paris und ins Olympische Dorf. Doch Smith machte alle Hoffnungen zunichte. Dabei hatten die deutschen Frauen viele Lehren aus der 1:4-Vorrundenniederlage gegen die USA gezogen.
Der Ausfall von Popp (Infekt) und Schüller (Entzündung der Patellasehne) hatte der DFB wenige Stunden vor Anpfiff bekanntgegeben. „Die 120 Minuten haben mir alles abverlangt, dass ich leider sehr anfällig für einen Infekt war“, schrieb die 33 Jahre alte Popp auf Instagram und meinte damit den Kraftakt gegen Kanada im Viertelfinale. Die Wolfsburgerin ist die einzige verbliebene Spielerin vom Gold-Triumph von Rio de Janeiro 2016. „Ich werde den Mädels vom Hotelbett aus mehr als kräftig die Daumen drücken“, ergänzte sie.
Die verletzte Oberdorf als Edelfan
Das tat Lena Oberdorf sogar im Stadion hinter der deutschen Bank. Die 22 Jahre alte Weltklassespielerin war kurz vor Olympia mit einer Kreuzband- und Innenbandverletzung ausgefallen. Immer wieder hatten ihre Teamkolleginnen ihr Trikot mit der Nummer sechs in die Kameras gehalten. Als Edelfan war die künftige Bayern-Spielerin mit einer dicken Schiene und an Krücken am Spieltag im Hotel eingetroffen.
Popp hatte im bisherigen Turnier Oberdorf im Mittelfeld ersetzt. Nun rückte die Münchnerin Sydney Lohmann in die Startelf. Für die dreifache Turniertorschützin Schüller wurde Nicole Anyomi nachnominiert – und die Frankfurterin spielte gleich von Anfang an.
Hegering als Prellbock
Die deutsche Abwehr hatte zum Start mächtig mit den Hochgeschwindigkeitsstürmerinnen der USA zu kämpfen. Vor allem Trinity Rodman, die Tochter des früheren Basketball-Stars Dennis Rodman, wirbelte auf rechts. Sie bediente nach vier Minuten Rose Lavelle, und Torhüterin Ann-Katrin Berger konnte sich glücklich schätzen, dass der Schuss zentral kam.
Allen voran die herausragende Marina Hegering stoppte dann immer wieder die US-Angreiferinnen, notfalls mit einem taktischen Foul. So bissen sich die deutschen Frauen in dieses schwierige Spiel und hatten den viermaligen Weltmeister bis zum Halbzeitpfiff weitgehend im Griff. Jule Brand prüfte nach einem Sololauf sogar Alissa Naeher (24.).
Schrecksekunde durch US-Stürmerin Swanson
Über die schnelle Wolfsburgerin setzten die DFB-Frauen auch nach der Pause immer wieder Nadelstiche. Ein Warnschuss von Spielführerin Giulia Gwinn nach einer knappen Stunde verdeutlichte das wachsende Selbstbewusstsein des Hrubesch-Teams.
Mallory Swanson sorgte kurz darauf für einen Riesenschreck, als sie Torfrau Berger schon umkurvt hatte, aber nur das Außennetz traf. Ansonsten fiel den Amerikanerinnen nicht viel ein. Für die von Krämpfen geplagte Anyomi brachte Hrubesch dann deren Eintracht-Kollegin Laura Freigang. Kurz darauf musste auch Abwehrchefin Hegering angeschlagen raus. Der Druck der USA wuchs wieder. Und zu Beginn der Verlängerung narrte Smith Linksverteidigerin Felicitas Rauch und hob den Ball über die vielleicht zu früh herausstürzende Berger. Knapp zehn Minuten später vergab die Angreiferin das 2:0. In der Schlussphase scheiterte Laura Freigang mit der Chance am Ausgleich.