Als Reaktion auf die tagelangen Ausschreitungen rechtsradikaler Gruppen in Großbritannien hat die Regierung 6000 Spezialkräfte mobilisiert. Zudem seien mehr als 500 zusätzliche Gefängnisplätze freigeräumt worden, sagte Justizministerin Heidi Alexander am Dienstag dem BBC-Sender Radio 4. Unterdessen gab es neue Krawalle im südenglischen Plymouth sowie im nordirischen Belfast.
„Wir werden sicherstellen, dass auf jeden, gegen den wegen der Unruhen und des Chaos‘ eine Freiheitsstrafe verhängt wird, auch ein Platz im Gefängnis wartet“, sagte die Justizministerin. Nach Angaben des Nationalen Rates der britischen Polizeichefs (NPCC) wurden bislang 378 Menschen festgenommen.
In Plymouth wurden am Montag sechs Menschen festgenommen. Mehrere Polizisten wurden verletzt, als Randalierer die Beamten mit Ziegelsteinen und Feuerwerkskörpern attackierten. In Belfast in Nordirland wurden Polizisten angegriffen, als Randalierer das Geschäft eines Ausländers in Brand setzen wollten. Bei den Krawallen sei ein etwa 30 Jahre alter Mann schwer verletzt worden, der Vorfall werde als rassistisch motiviertes Hassverbrechen behandelt, erklärte die Polizei.
Großbritanniens Premierminister Keir Starmer hatte zuvor ein hartes Durchgreifen seiner Regierung angekündigt. Als Teil einer Reihe von Maßnahmen werde die Strafjustiz verstärkt, um eine schnelle strafrechtliche Verfolgung zu gewährleisten, sagte Starmer nach einer Krisensitzung des Kabinetts. Zudem stehe eine „Armee“ von speziell ausgebildeten Polizeibeamten bereit, um die lokalen Kräfte bei weiteren Unruhen zu unterstützen.
Die Ausschreitungen hatten begonnen, nachdem vergangene Woche bei einem Messerangriff in Southport im Nordwesten Englands drei Kinder getötet und zehn weitere Menschen verletzt wurden. Dabei drang der Verdächtige in ein Gebäude ein, in dem gerade ein Ferientanzkurs für Kinder zur Musik von US-Star Taylor Swift stattfand.
Der Angriff erschütterte das ganze Land. Im Internet kursierten schnell Falschinformationen, denen zufolge es sich bei dem Angreifer um einen muslimischen Asylbewerber gehandelt habe. Die Polizei erklärte jedoch, dass der Verdächtige ein 17-Jährigen sei, der in Wales geboren wurde. Britischen Medien zufolge stammen die Eltern des jungen Mannes aus Ruanda.
Bereits unmittelbar nach der Tat kam es in Southport zu gewaltsamen Ausschreitungen rechtsradikaler Gruppen, die sich schnell auf weitere Städte ausweiteten. Die Kundgebungen wurden in rechtsextremen Medienkanälen unter dem Motto „Genug ist genug“ beworben.
Die britische Regierung verwies auf die Verantwortung der Online-Netzwerke. Scharfe Kritik übte das Justizministerium an Elon Musk, der in seinem Onlinedienst X geschrieben hatte, dass in Großbritannien ein „Bürgerkrieg unvermeidlich“ sei. Dies sei „völlig unverantwortlich“, sagte Justizministerin Alexander. „Ich denke, jeder sollte zur Ruhe aufrufen“, betonte sie.
Die britische Polizei macht Anhänger der sogenannten English Defence League, einer vor 15 Jahren gegründeten Anti-Islam-Organisation mit Verbindungen in die Hooligan-Szene, für die Gewalt verantwortlich.