Fast ein Drittel der Wettbewerbsbeiträge beim diesjährigen Internationalen Filmfestival Locarno spiegelt die Stärke des deutschen Kinos.
Locarno lockt wieder ans malerische Ufer des Lago Maggiore: Ab Mittwoch bis zum Samstag der darauffolgenden Woche, vom 7. bis 17. August, findet im bekannten Schweizer Urlaubsort das 77. Internationale Filmfestival statt. Fünf von 17 Filmen aus aller Welt im Wettbewerb um den Hauptpreis des Festivals, den Goldenen Leoparden, kommen aus Deutschland oder wurden mit starkem Engagement deutscher Filmschaffender realisiert.
Maren Eggert und Helena Zengel
Deutsches Kino ist auf dem vor allem junge Talente, aber auch erfolgreiche Künstlerinnen und Künstler feiernden Festival in verschiedenen Wettbewerben und Sektionen vertreten. So agieren beispielsweise die Schauspielerinnen Maren Eggert und Luise Heyer in „Der Spatz im Kamin“ des Schweizer Regisseurs Ramon Zürcher.
Helena Zengel („Systemsprenger“) ist in „Transamazonia“ von der deutschen Regisseurin Pia Marais zu sehen. Ihr Kollege Christoph Hochhäusler, zuletzt erfolgreich mit dem auf der Berlinale 2023 ausgezeichneten Thriller „Bis ans Ende der Nacht“, präsentiert das Gangsterdrama „Der Tod wird kommen“.
Mohammed Rassulof im Freiluftkino
Markenzeichen des Festivals sind die abendlichen Freiluftaufführungen auf der pittoresken Piazza Grande in der Altstadt von Locarno. Zwei der 15 hier zu sehenden Filme wurden mit starkem Engagement deutscher Produzenten gedreht: „Electric Child“ des Schweizer Regisseurs Simon Jaquemet, ein Drama um die Folgen von KI auf das menschliche Leben, und „The Seed of the Sacred Fig“ von dem wegen politischer Verfolgung aus seiner Heimat Iran nach Deutschland geflohenen Regisseur Mohammed Rassulof.
Traditionsgemäß widmet sich das Festival mehr künstlerisch anspruchsvollem Kino als dem Kommerz. Unter den bedeutenden Filmfestivals der Welt gilt das von Locarno als wichtigste Tribüne für neue, noch unbekannte Talente. Ein Erfolgsrezept. Der Publikumszuspruch ist enorm. Tausende Filmfans aus aller Welt übernachten in den Hotels, Pensionen oder auf Zeltplätzen, um dabei zu sein.
Dabei wissen sie, dass kaum mit glanzvollen Auftritten großer Stars zu rechnen ist. Anders als auf anderen Festivals ist der rote Teppich Nebensache. Am Lago Maggiore gilt: „Hier sind die Filme die Stars!“
Shah Rukh Khan und Jane Campion bekommen Preise
Prominenz wird aber durchaus erwartet. Die mit „Die zwei Leben der Veronika“ und „Drei Farben: Rot“ der polnischen Regie-Legende Krzysztof Kieślowski weltbekannt gewordene französische Schauspielerin Irène Jacob, der indische Superstar Shah Rukh Khan („My Name Is Khan“) und die neuseeländische Regisseurin Jane Campion („Das Piano“) erhalten zum Beispiel Ehrenpreise. Das Festival hat angekündigt, dass sie die Auszeichnungen jeweils unter dem Nachthimmel vor Tausenden auf der Piazza Grande entgegennehmen werden.
Insgesamt zeigt das neben Cannes, Berlin und Venedig bedeutendste europäische Filmfestival in den elf Tagen 225 Kurz-, Spiel- und Dokumentarfilme. Erstmals steht Maja Hoffmann dem Festival als Präsidentin vor. Die bisher vor allem als Kunstmäzenin bekannte Geschäftsfrau sieht es, wie sie vorab sagte, als „ein Zuhause für transformatives Denken“, also als Schule für demokratische, progressive Weltbilder.
Für die ans Ufer des Lago Maggiore kommenden Kino-Enthusiasten zählt daneben aber auch die besondere Atmosphäre dieses Festivals: Kino im Sternenglanz mit vergleichbarem Charme-Faktor gibt es weltweit kein zweites Mal.