Point Alpha ist ein historischer Ort an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Dort widmet sich eine Schau einem Thema, das gut zu dieser Gedenkstätte passt.
Eiserner Vorhang und Kalter Krieg: Die Geschichte des Bundesgrenzschutzes ist eng mit der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden. Genauso eng damit verbunden ist auch Point Alpha, ein ehemaliges US-Militärcamp direkt an der Grenze. Heute ist dort eine Gedenkstätte. An diesem besonderen Ort wird am 8. August eine Sonderausstellung zur Geschichte des Bundesgrenzschutzes eröffnet. Sie ist bis Ende September in der ehemaligen Fahrzeughalle zu sehen.
Die Schau, die von der Gründung des Bundesgrenzschutzes im Jahr 1951 bis zu seinem Aufgehen in der Bundespolizei im Jahr 2005 reiche, sei eine einmalige Sache, erklärt Benedikt Stock, Geschäftsführer der Point Alpha Stiftung. „Viele – gerade die Jüngeren – wissen heute nicht, dass die Bundespolizei früher der Bundesgrenzschutz war.“
„Einmalige Ausstellung“
Es sei ein Verdienst dieser Ausstellung, dass die Rolle dieser staatlichen Institution und ihre lange Geschichte, die mit diesem Ort und der deutschen Geschichte verknüpft sei, anschaulich aufbereitet werde, sagt Johannes Schneider, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte. „Es ist eine in dem Stil sicherlich einmalige Ausstellung, die dem historischen Ort noch eine zusätzliche Dimension gibt.“
Die Exponate gehören der Stiftung und sollen mit Blick in die Zukunft ein „weiterer Baustein“ der Gedenkstätte werden, wie Geschäftsführer Stock erklärt. Neben zwei Original-Streifenfahrzeugen des Bundesgrenzschutzes und Schautafeln können sich Besucher an mehreren digitalen Medienstationen von Zeitzeugen über die Geschichte des Bundesgrenzschutzes informieren lassen. „Man geht durch die Etappen des Wandels und bekommt mit, wie sich diese Organisation bis heute entwickelt hat“, sagt Stock.
Geiselbefreiung in Mogadischu
Zu den Zeitzeugen, die sich das Publikum anhören und ansehen kann, gehören auch Mitglieder der Spezialeinheit GSG 9, die 1972 als Antiterroreinheit gegründet wurde. Bekannt wurde sie vor allem durch die Geiselbefreiung einer von palästinensischen Terroristen entführten Lufthansa-Maschine im Jahr 1977 in Mogadischu. Der frühere GSG 9-Kommandeur Ulrich Klaus und andere berichten von der „Operation Feuerzauber“.
Ein besonderer Gast hat schon vor der offiziellen Eröffnung einen Blick auf die Ausstellung geworfen: der frühere Bundesgrenzschutzbeamte Stefan Czeloth. Der heute 63 Jahre alte Ruheständler absolvierte in den 1980er Jahren am innerdeutschen Grenzabschnitt zwischen der Point-Alpha-Gemeinde Rasdorf (Kreis Fulda) und Hönebach (Kreis Hersfeld-Rotenburg) unzählige Patrouillenfahrten und -gänge. „Es ging unter anderem darum, Gefahren von der Grenze, möglicherweise aus dem Bereich der DDR, abzuwehren. Das habe ich aber nie erlebt“, erinnert er sich zurück.
„Es gibt kein Niemandsland“
Dagegen waren Warnungen an Westdeutsche, die sich die Grenze zur DDR einmal aus der Nähe anschauen wollten, an der Tagesordnung. Er und seine Kollegen hätten den Grenztouristen immer eingeschärft, die Warnungen vor einem Überschreiten der Grenze in Richtung Osten ernst zu nehmen. Viele seien irrtümlich davon ausgegangen, dass der Zaun die Grenze gewesen sei. Doch die tatsächliche Grenze sei schon – aus westlicher Sicht – vor dem Zaun verlaufen.
Ab und zu habe er auch den Kommentar eines Besuchers gehört: Das sei ja Niemandsland und damit ungefährlich. „Doch das ist falsch“, stellt der ehemalige Grenzschützer fest. „Es gibt kein Niemandsland. Jeder Quadratzentimeter Erde gehört irgendeiner Nation. Das waren die Dinge, die man dann den Besuchern – insbesondere weit aus dem Westen – klarmachen musste.“
Damit meint er in erster Linie Grenztouristen aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen – aus Bundesländern also, die keine Grenze zur DDR hatten. „Die standen hier völlig sprachlos vor diesem Monstrum von Bauwerk und konnten sich gar nicht vorstellen, dass es so was in Deutschland gibt“, erzählt der ehemalige Grenzschützer.
Kein Kontakt zu DDR-Truppen
Mit den Grenztruppen der DDR habe es keinen Kontakt gegeben, erzählt er. „Das Einzige, was man vielleicht hin und wieder als so etwas wie einen Kontakt bezeichnen könnte, war, wenn ein Wehrpflichtiger sein Maßband aus dem Wachtturm gehalten hat und damit signalisierte: Jetzt habe ich noch 10 Tage oder 20 Tage.“
Czeloth freut sich auf die Ausstellung und darauf, dass einem breiteren Publikum die Geschichte des Bundesgrenzschutzes nahe gebracht wird. „Der Bundesgrenzschutz hat es verdient, dass man sich an die Grundzüge seiner Gründung als erste bewaffnete Organisation der Bundesrepublik erinnert und auch daran, dass er sich wie kaum eine andere Organisation in Deutschland über die Jahrzehnte massiv gewandelt hat.“
Mit dem früheren US-Camp Point Alpha verbindet er viele Erinnerungen und eine lustige Anekdote. Im Sommer 1983 sei er dort als Grenzstreifenführer unterwegs gewesen. „Wir hielten an der Straßensperre an und ein US-Soldat rief oben vom Turm herunter, er habe seine Coladose fallen lassen. Die liege jetzt hinter der Grenze und ich solle sie ihm holen.“
Er habe dem US-Wachposten versucht klarzumachen, dass er das nicht dürfe, erzählt Czeloth weiter. „Das hat er überhaupt nicht verstanden. Ich sei doch Deutscher. Da drüben ist auch Deutschland. Da könnte ich doch mal rübergehen und die Coladose holen, meinte der Amerikaner.“ Was Czeloth aber tunlichst verweigerte. „Wir sind da nicht übereingekommen in der ganzen Sache“, schmunzelt er.