Lange ist Leo Neugebauer im Zehnkampf auf Goldkurs, am Ende ist er mit Silber glücklich. Eine große Party-Gemeinde feiert mit. Der Ex-Weltmeister würdigt den Erfolg mit großen Worten.
Zehnkämpfer Leo Neugebauer hat die olympische Silbermedaille im Kreise seiner Liebsten gefeiert. „Freunde, Familie, frühere Trainingskollegen. Einfach so alle, die ich gekannt habe in meinem Leben fast. Oma war auch dabei“, sagte der 24-Jährige über die wichtigen „40, 50 Leute“, die im Stade de France bei einem mitreißenden Olympia-Wettkampf mitgefiebert hatten.
Der persönliche Neugebauer-Fanclub erlebte im Stade de France vor rund 70.000 Zuschauern einen mitreißenden Zehnkampf, der mit der ersten deutschen olympischen Medaille in dieser Disziplin seit Frank Busemann im Jahr 1996 endete. Zwar lag der Weltjahresbeste lange auf Goldkurs, aber Neugebauer war auch mit Platz zwei hinter dem Norweger Markus Rooth überglücklich. „Die Silbermedaille ist mir eine Ehre“, sagte der in den USA studierende Neugebauer. „Ich gehe heim mit einem Lächeln.“
„Habe alles gegeben“
U23-Europameister Rooth hatte letztlich mit 8.796 Punkten in der Königsdisziplin der Leichtathletik 48 Zähler Vorsprung vor Goldfavorit Neugebauer. Mit seiner Weltjahresbestleistung aus dem Juni, als Neugebauer mit 8.961 Punkten seinen eigenen deutschen Rekord verbessert hatte, hätte er beim Olympia-Showdown klar gewonnen. „Es gibt Höhen und Tiefen und ich habe alles gegeben“, sagte der für den VfB Stuttgart startende Neugebauer. Victor Lindon aus Grenada holte Bronze.
Erster Gratulant auf der regennassen Bahn von Paris war der frühere Welt- und Europameister Niklas Kaul. „Das zeichnet große Zehnkämpfer aus, dass sie das in dem richtigen Moment dann auch hinbekommen. Und das hat er gemacht und er hat dem Druck des Führenden an Tag eins standgehalten“, würdigte der 26-Jährige den mitreißenden Auftritt von Neugebauer.
Kaul macht „Frieden mit Paris„
„Natürlich willst du Gold gewinnen, aber in dem Moment ist es dann erstmal total egal. Das ist eine Olympiamedaille, die hatten wir seit 28 Jahren nicht mehr“, sagte Kaul. 8.445 Punkte bedeuteten für ihn Platz acht. Ohne den enttäuschenden ersten Tag wäre angesichts der Leistungssteigerung gegen Ende des Wettkampfs ein Topplatz drin gewesen. Debütant Till Steinforth belegte mit 8.170 Punkten Rang 15.
„Ich habe meinen Frieden mit Paris gemacht“, sagte Kaul. Auf den missglückten ersten Tag, an dem für ihn das „mentale Kartenhaus“ zusammengestürzt und auf den auch „die eine oder andere Träne“ gefolgt war, antwortete Kaul mit einer klaren Leistungssteigerung. Nachdem tragischen Verletzungs-Aus 2021 bei den Spielen in Tokio und einem schwierigen Wettkampf in Paris könnte sein olympisches Happy End in Los Angeles 2028 folgen.
„L.A. steht schon noch auf der Liste, vielleicht dann als letzter Zehnkampf der Karriere“, sagte Kaul. „Wenn die Steigerung so weitergeht, wäre es gut.“ Olympia in den USA ist auch für Neugebauer ein großes Ziel, wenngleich er nach der großen Anspannung nicht zu weit in die Zukunft blicken mochte. „Da muss ich erst mal heimgehen, richtig drüber nachdenken“, sagte Neugebauer, dem die Mama nach dem Silber-Coup etwas ins Ohr flüsterte. „Einfach nur, dass sie stolz auf mich ist.“