Elena Lilik hat ihr Olympia-Debüt mit Silber gekrönt. Schneller als die Augsburgerin war nur Australiens Kanuslalom-Star Jessica Fox. Nach der Siegerehrung übersprang sie alle Absperrungen.
Elena Lilik jubelte schon nach ihrem Zieleinlauf wie eine Siegerin und weinte vor Glück. Nach 25 bangen Minuten des Wartens bis zur letzten Starterin stand fest: Der Parforceritt der Slalomkanutin durchs wilde Wasser im Stade Nautique de Vaires-sur-Marne war Silber wert. Die 25-Jährige von den Kanuschwaben Augsburg hat damit bei den Olympischen Spielen in Paris die erste Medaille für den Deutschen Kanu-Verband (DKV) geholt, nachdem die Topfavoriten Ricarda Funk und Sideris Tasiadis leer ausgegangen waren.
„Das Warten war so viel schwieriger als der Lauf an sich, aber es ist geschafft. Es hat mich komplett überrascht, überwältigt und schockiert irgendwo, denn der Lauf war irgendwie unwirklich“, sagte Lilik.
Nach der Siegerehrung übersprang sie spontan die Absperrungen und ließ sich von ihrer Familie feiern. „Ich habe die schon die ganze Zeit gesucht und eine Krise bekommen. Ich musste zu meiner Mama, musste sehen, ob es ihr gut geht, ob sie noch stehen kann“, sagte Lilik und holte sich dann einen fetten Kuss vom Ehemann ab.
Die Canadier-Weltmeisterin von 2021 absolvierte den Wildwasser-Parcour mit 23 Toren fehlerfrei in 103,54 Sekunden. Den Olympiasieg holte sich wie im Kajak die Australierin Jessica Fox in 101,06 Sekunden. Rang drei ging an Evy Leibfahrt aus den USA in 109,95 Sekunden. Die Halbfinal-Schnellste Gabriela Satkova aus Tschechien wurde nur Siebte.
„Diese Silbermedaille war sehr sauber und akribisch erarbeitet. Da kann man nur den Hut ziehen. Das war so ein super Lauf. Super, dass wir Silber haben“, sagte DKV-Sportdirektor Jens Kahl. „Das hat sie sehr gut gemacht“, lobte auch Bundestrainer und Vater Thomas Apel.
Tasiadis war einst ihr Trainer
In ihrer Wahlheimat Augsburg sitzt die gebürtige Weimarerin seit ihrer Kindheit im Boot. „Als kleine Mädels haben wir uns in Augsburg an die Laternen geklammert und gesagt: da fahren wir nicht runter“, erinnerte sie sich. Überzeugungsarbeit leistete damals als Trainer der Kindergruppe Sideris Tasiadis. „Er schickte uns fünfmal die Bogenbrücke runter und wir sind fünfmal geschwommen, es war aber ein schönes Erlebnis“, berichtete Lilik.
Anfangs lief es überhaupt nicht. Dennoch kämpfte sie sich immer durch. „Sie ist einfach eine Rampensau“, sagte Tasiadis anerkennend. Auch die sportbegeisterte Familie half da viel mit. „Das kam nicht immer von mir selbst. Ich bekam aber von daheim mit, dass man nie aufgibt, immer weiter macht“, sagte die Athletin.
Irgendwann zahlte sich das aus. „Und dann kam auch der Spaß dazu“, erzählte sie. Das freute auch Papa Thomas, den Kajak-Bundestrainer, der die Doppelstarterin seit 2020 trainiert: „Wir haben da soviel Arbeit und Nerven reingesteckt, das hat uns nochmal ganz anders zusammengebracht.“
Familie und Glücksbringer dabei
Neben ihrem Mann Leon feuerten sie auf der Tribüne auch ihre Mama Daniela und ihre jüngere Schwester Emily, ebenfalls eine Top-Kanutin, an. Und dann sind da noch ihre Glücksbringer. „Auf jeden Fall das selbst gehäkelte Schlafkissen von meiner Mama, sonst geht gar nichts“, sagte Lilik. „Und dann habe ich Ohrringe von meiner Schwiegermama bekommen, die trage ich hier.“
Lernen vom Eishockey
Im August 2021 heiratete sie den Eishockeyspieler Leon Lilik aus Riga, der nun als Athletik-Trainer beim deutschen Vizemeister Fischtown Pinguins Bremerhaven arbeitet. Da ihr Pass nicht rechtzeitig fertig wurde, startete sie bei der WM im September noch unter ihrem Geburtsnamen Apel.
Die WM in Bratislava war der Durchbruch in die absolute Weltklasse: Nach Silber im Kajak holte sie im Canadier ihren ersten Einzel-Titel und legte dann nochmal im Kajak-Cross mit Silber nach. Jetzt hat sie auch eine Olympia-Medaille.