Im vergangenen August macht ein Brandstifter die Stadtkirche Großröhrsdorf zur Ruine. Die Kirchgemeinde will das Gotteshaus neu aufbauen – und bekommt neben Anteilnahme viel Solidarität zum Neubeginn.
Ein Jahr nach dem verheerenden Brand der protestantischen Stadtkirche Großröhrsdorf herrscht Optimismus bezüglich des Neuaufbaus in der Kommune östlich von Dresden. Die Absicht, das Gotteshaus neu zu bauen, führte zu einem Wandel in der Grundstimmung – „von Schock und Entsetzen zu Zuversicht und Vorfreude“, beschreibt es Stefan Schwarzenberg, Pfarrer der evangelischen Kirchgemeinde, kurz vor dem Jahrestag der Katastrophe.
Das Jubiläum an diesem Sonntag wird mit einem Gottesdienst und Gedenken unter freiem Himmel begangen. Es sei „ein wichtiger Tag, um zurückzuschauen, Trauer und Dankbarkeit auszudrücken, aber auch um Gottes Segen für die kommenden Entscheidungen zu erbitten“, sagte Thilo Daniel vom Landeskirchenamt in Dresden. Auch zahlreiche Gemeinden der sächsischen Landeskirche sammelten und spenden dafür – die Anteilnahme und Unterstützung seien „überwältigend“.
Familienvater legt Feuer in seiner Kirche
Das spätbarocke Gotteshaus war in der Nacht zum 4. August 2023 durch Brandstiftung zerstört worden. Ein Drittel des seit dem 18. Jahrhundert weithin sichtbaren Turms stürzte ein, die Flammen vernichteten die Innenausstattung, auch historische Kunstschätze und Architektur – vom Kirchenschiff blieben nur die Außenmauern übrig.
Eine Woche später wurde ein Familienvater mit Bezug zu der Kirchgemeinde und dem Ort als Tatverdächtiger gefasst. Das Landgericht Görlitz verurteilte ihn wegen schwerer Brandstiftung zu neun Jahren Freiheitsstrafe, es läuft eine Revision. Die Strafkammer war überzeugt, dass der Mann aus Frust über seine familiäre Situation handelte – und einen Schaden von rund 32 Millionen Euro verursachte.
Schnelle Entscheidung für Bau einer neuen Kirche
Noch im August 2023 fiel die Entscheidung, an selber Stelle ein neues Gotteshaus zu errichten – möglichst unter Einbeziehung der historischen Reste. Inzwischen ist die Ruine von Schutt und Trümmern befreit, mit Notdächern versehen und der steinerne Fußboden aus dem 18. Jahrhundert gesichert. Was integriert werden kann, ist auch nach erfolgter Prüfung der Standsicherheit offen, sagte Jens Großmann, Vorsitzender des Kirchenvorstandes.
Die vier schwer gezeichneten, im Feuer gesprungenen Glocken stehen als stumme Zeugen des Infernos auf der Wiese vor dem Eingang der Brandruine. „Die Menschen vermissen das Geläut und den schönen Kirchenraum zu großen Festen wie Weihnachten“, sagte Schwarzenberg. In den Blick nach vorn mische sich immer wieder auch Trauer. Es gebe aber auch Rückbesinnung auf die Kirche, „manchen ist der Glauben wieder bewusst“, was sich in Taufen und Wiedereintritten zeigt.
Solidarität mit engagierten Großröhrsdorfern
Stadt und Kirchgemeinde stehen zusammen für ihre Kirche, die als gemeinsames Wahrzeichen angesehen wird, als „ein Stück Identität und Heimat“, erzählte der Pfarrer. Und das Spendenkonto zeigt, dass Anteilnahme und Solidarität von Christen und Nichtchristen anhalten – mit Stand 26. Juli gingen bisher 511.800 Euro ein.
Großmann berichtet von „herausragendem ehrenamtlichem Engagement“ für die Zukunft der Stadtkirche. „Viele Mitglieder investieren deutlich mehr Zeit und Energie als üblicherweise zu erwarten wäre – das stärkt das Gemeinschaftsgefühl.“ Ende August läuft die Befragung aus, wie sie aussehen soll. „Es ist eine großartige Aufgabe, aber wirklich ein Jahrhundertbau“, sagte der Pfarrer.